Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung von Tierhaltung
Verfahrensgang
AG Stuttgart-Bad Cannstatt (Urteil vom 27.04.1987; Aktenzeichen 3 C 60/87) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.4.1987 verkündete Urteil des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Streitwert der Berufung: DM 1.000,–.
Gründe
Die – zulässige – Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Klägerin ist im Rahmen des bestehenden Mietverhältnisses nicht berechtigt, den Beklagten die Haltung ihres Zwergpudels … in der von der Klägerin angemieteten Wohnung zu untersagen. Das Verlangen der Klägerin ist jedenfalls im vorliegenden Fall treuwidrig.
1. Grundsätzlich ist der Vermieter bei einer Vereinbarung, wie sie vorliegend in § 13 Ziff. 2 des von den Parteien geschlossenen Dauernutzungsvertrages vom 8.2.1961 enthalten ist, daß das Halten von Haustieren mit vorheriger schriftlicher Einwilligung der Genossenschaft gestattet ist, in der Erteilung seiner Zustimmung ohne Ermessensbindung frei, wenn sich nicht aus sonstigen Umständen etwas anderes ergibt (Rechtsentscheid des OLG Hamm, WM 81, S. 53).
Umstände, aus denen demgegenüber doch eine Ermessensbindung des Vermieters herzuleiten ist, können sich jedoch insbesondere auch aus bestimmten Passagen der Hausordnung (Benutzungsordnung) sowie aus dem näheren inhaltlichen Zusammenhang ergeben, indem die Zustimmung zur Tierhaltung geregelt ist (vgl Rechtsentscheid des OLG Karlsruhe, WM 81, S. 248; LG Mannheim, NJW 84, S. 59; LG München I, NJW 84, S. 2368).
Danach ist im vorliegenden Fall schon fraglich, ob die Klägerin in ihrer Ermessensausübung noch frei war, … nachdem die im Dauernutzungsvertrag vorgesehene Hausordnung nach § 14 Ziff. 1 des Vertrages „zur Förderung einer auf gegeseitiger Rücksichtnahme begründeten Hausgemeinschaft” zu erlassen ist und nach § 14 Ziff. 2 nur geändert werden kann „unter Beachtung der Belange der beteiligten Mitglieder, … soweit es die ordnungsgemäße Verwaltung und Bewirtschaftung des Hauses … erfordert”. Hinzu kommt, daß eine etwa erteilte Genehmigung zur Haustierhaltung nach § 13 Ziff. 3 (nur) widerrufen werden kann, wenn sich die für die Einwilligung maßgeblichen Voraussetzungen ändern, erteilte Auflagen nicht eingehalten werden oder wenn sich für das Haus, die Wohnung, die Mitbewohner oder Nachbarn Unzuträglichkeiten erheblicher. Art ergeben. Dies sind gewichtige Anhaltspunkte dafür, daß die Vermieterin in ihrer Ermessensausübung, ob sie einer gewünschten Tierhaltung eines Mieters zustimmen will, nicht frei sein sollte, sondern die einander widerstreitenden Interessen sorgfältig abwägen sollte.
Fraglich ist danach auch, ob die Klägerin vorliegend bei einer von Anfang an beantragten Einwilligung zu der erst vorgesehenen Haltung eines neuen Hundes durch die Beklagten ihre Zustimmung wirklich hätte verweigern können, da es sich bei einem Zwergpudel um einen kleinen Hund handelte, bei dem nennenswerte Schäden oder Störungen der Umgebung an sich nur bei einer unsachgemäßen Haltung zu erwarten waren, wofür Anhaltspunkte jedenfalls im vorliegenden Fall kaum gegeben waren, nachdem die Beklagten bereits vor der Haltung des streitgegenständlichen Hundes schon jahrelang einen anderen Hund ohne irgendwelche konkreten Beanstandungen gehalten hatten. Das möglicherweise allgemein gegebene Interesse der Klägerin, Streitigkeiten unter ihren Wohnungsnutzern wegen einer Hundehaltung schon im Ansatz dadurch zu vermeiden, daß sie überhaupt keiner Hundehaltung zustimmte, wodurch auch ihr Verwaltungsaufwand möglicherweise entsprechend niedriger gehalten werden kann, kann jedenfalls bei Annahme eines gebundenen Ermessens nicht entscheidend sein; wenn eine Einwilligung zur Hundehaltung generell möglich ist und der Wohnungsnutzer bei einer beantragten Einwilligung auf eine Ermessensentscheidung vertrauen darf, die pflichtgemäß die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, kann der Vermieter insoweit nicht einseitig sein eigenes Interesse in den Vordergrund stellen, die laufende Abwicklung des Mietverhältnisses möglichst störungsfrei zu gestalten, denn insoweit hat das Interesse des Mieters, der sich ein Tier, wie einen. Hund, halten will, was eine erhebliche persönliche Anteilnahme mit sich bringt, ein zu großes Gewicht.
2. Vorliegend kann die vorstehend angesprochene Frage jedoch letztlich dahingestellt bleiben, da die Untersagung der weiteren Haltung des Hundes … jedenfalls unter den vorliegend gegebenen Umständen wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) unwirksam ist. Unter dieser Einschränkung steht die Entscheidung eines Vermieters selbst dann, wenn er bei der Ausübung seines Ermessens, ob er einer beantragten Tierhaltung zustimmt, völlig frei ist (vgl. den eingangs erwähnten Rechtsentscheid des OLG Hamm).
Der Hund der Beklagten stört niemand; konkrete Beanstandungen hat die Klägerin insoweit nie vorgebracht. Der Hund wird von den Beklagten inzwischen auch etwa 4 Jahre in de...