Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Zulässigkeit des Abzugs des Investitionskostenabschlags von 10% für ambulante Notfallversorgung auch nach Einführung des einheitlichen Bewertungsmaßtabes für ärztliche Leistungen zum 1.1.2008. Anfechtungsklage
Leitsatz (amtlich)
Der Abzug des Investitionskostenabschlags von 10 % für von Krankenhäusern erbrachte Leistungen der ambulanten Notfallversorgung an gesetzliche Versicherte war auch nach Einführung des EBM 2008 (juris: EBM-Ä 2008) entsprechend § 120 Abs 3 S 2 SGB V in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung zulässig. Der in dieser Vorschrift institutionell festgelegte Investitionskostenabschlag geht dem untergesetzlichen vertragsärztlichen Vergütungsrecht vor.
Normenkette
SGB V a.F. § 120 Abs. 3 S. 2; SGB V § 76 Abs. 1 S. 2
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.11.2012 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen die Bescheide vom 12.02.2016 wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu 3/4, die Beklagte zu 1/4.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf 18.615,93 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt eine höhere Vergütung für im Quartal 1/2008 in den Kreiskrankenhäusern L., O. und R. sowie in der Kreisklinik B. erbrachte ambulante Notfallbehandlungen von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Klägerin ist Trägerin der in den Krankenhausplan des Landes B.-W. aufgenommenen Krankenhäuser L., O., R. und B.. Für keines der Krankenhäuser ist eine Ermächtigung für die ambulante Erbringung von Leistungen für gesetzlich Versicherte durch Krankenhausärzte oder ärztlich geleitete Einrichtungen erteilt worden.
Für das Quartal 1/2008 rechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten für bei gesetzlich Krankenversicherten sowie bei Berechtigten mit Anspruch auf freie Heilfürsorge in der allgemeinen Notfallaufnahme des jeweiligen Krankenhauses vorgenommene ambulante Notfallbehandlungen Leistungen nach dem ab 01.01.2008 geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM 2008) wie folgt ab:
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GOP |
KH B. |
KH L. |
KH R. |
KH O. |
01210 (405 Pkte) |
1.510 |
1.007 |
724 |
370 |
01214 (100 Pkte) |
92 |
63 |
12 |
24 |
01216 (330 Pkte) |
15 |
19 |
16 |
12 |
01218 (405 Pkte) |
18 |
3 |
2 |
0 |
Der EBM 2008 enthält für die Notfallversorgung die folgenden Regelungen:
1.2 Gebührenordnungspositionen für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Not(-fall)dienst
1. Neben den Gebührenordnungspositionen dieses Abschnitts sind nur Gebührenordnungspositionen berechnungsfähig, die in unmittelbarem diagnostischen oder therapeutischen Zusammenhang mit der Notfallversorgung stehen. (…)
2. Neben den Gebührenordnungspositionen 01210 bis 01219 sind Beratungs-, Gesprächs- und Erörterungsleistungen nicht berechnungsfähig.
3. Die Zusatzpauschalen nach den Gebührenordnungspositionen 01211, 01215, 01217, 01219 für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft sind nur berechnungsfähig, wenn die zuständige Kassenärztliche Vereinigung die jeweilige Besuchsbereitschaft für Notfallbehandlungen durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser bzw. im Rahmen des organisierten Not(-fall)dienstes festgestellt hat.
4. Nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser dürfen die Gebührenordnungspositionen 01210 bis 01219 nur berechnen, wenn die Erkrankung des Patienten aufgrund ihrer Beschaffenheit einer sofortigen Maßnahme bedarf und die Versorgung durch einen Vertragsarzt entsprechend § 76 SGB V nicht möglich und/oder aufgrund der Umstände nicht vertretbar ist.
Die sodann aufgeführten Gebührenordnungspositionen (GOP) lauten wie folgt:
- GOP 01210 EBM: Notfallpauschale im organisierten Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser (bewertet mit 405 Punkten)
- GOP 01211 EBM: Zusatzpauschale zu der Gebührenordnungsposition 01210 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw. im organisierten Not(-fall)dienst (bewertet mit 255 Punkten)
- GOP 01214 EBM: Notfallkonsultationspauschale 1 im organisierten Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser (bewertet mit 100 Punkten)
- GOP 01215 EBM: Zusatzpauschale zu der Gebührenordnungsposition 01214 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw. im organisierten Not(-fall)dienst (bewertet mit 50 Punkten)
- GOP 01216 EBM: Notfallkonsultationspauschale II im organisierten Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser (bewertet mit 330 Punkten)
- GOP 01217 EBM: Zusatzpauschale zu der Gebührenordnungsposition 01216 für die Besuchsbereitschaft im Notfall bzw. im organisierten Not(-fall)dienst (bewertet mit 205 Punkten)
- GOP 01218 EBM: Notfallkonsultationspauschale III im organisierten Not(-fall)dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute...