Entscheidungsstichwort (Thema)
Erziehungsgeld. Einkommensermittlung. Berücksichtigung von einmaligem Einkommen. steuerrechtliches Zuflussprinzip
Leitsatz (amtlich)
Einmaliges Einkommen (hier: nachträglich bezahltes Urlaubs- und Weihnachtsgeld), das im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes erlangt worden ist, ist auch dann zu berücksichtigen, wenn mit der Zahlung ein Anspruch aus früheren Jahren erfüllt wird (Zuflussprinzip).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 29. November 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Erziehungsgeld (ErzG) im Sinne des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) für das erste Lebensjahr des 2006 geborenen Kindes E..
Die Klägerin ist Deutsche, verheiratet, und erhält neben E. für weitere vier Kinder Kindergeld. Ihr Ehemann ist als kaufmännischer Angestellter beschäftigt. Im Jahr 2005 erzielte er einen steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 58.371,15 € (Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers vom 19. Januar 2006).
Den Antrag der Klägerin vom 15. Mai 2006 auf Gewährung von Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Kindes E. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. August 2006 ab. Das anzurechnende Einkommen betrage 43.662,76 € und überschreite die Einkommensgrenze von 42.560 € für die ersten sechs Lebensmonate des Kindes bzw. die Grenze von 29.060 € für die Zeit ab dem 7. Lebensmonat. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Aktenseite 49 der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Die Klägerin erhob hiergegen mit der Begründung Widerspruch, in dem bescheinigten Arbeitslohn sei eine Nachzahlung des Arbeitgebers vom September 2005 in Höhe von insgesamt 11.069,03 € enthalten. Diese beruhe auf einem arbeitsgerichtlichen Vergleich über ausstehende Gehaltsansprüche (Urlaubs- und Weihnachtsgeld) des Ehemannes für die Jahre 2003 und 2004. Die Einkünfte seien einmalig gewesen und bei der Einkommensberechnung, die auf die voraussichtlichen Einkünfte abzustellen habe, nicht heranzuziehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es komme auf die tatsächlich erzielten Einkünfte im Kalenderjahr vor der Geburt an. Auch bei den Nachzahlungen handele es sich um steuerpflichtiges Einkommen, das auch tatsächlich versteuert worden sei. Der nach den vorzunehmenden Abzügen ermittelte Beitrag überschreite die maßgeblichen Einkommensgrenzen.
Die Klägerin hat hiergegen am 28. Februar 2007 Klage bei dem Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie angeführt, es sei zwar richtig, dass ihr Ehemann im Kalenderjahr 2005 ein steuerpflichtiges Einkommen von 58.371,00 € erzielt habe. Ihr Ehemann habe jedoch den darin enthaltenen Nachzahlungsbetrag nicht im Jahr 2005 erarbeitet. Außerdem sei die Nachzahlung als Sonderzuwendungen gem. § 6 Abs. 6 Satz 3 BErzGG bei der Ermittlung der Einkünfte nicht heranzuziehen.
Die Beklagte hat hingegen auf das steuerrechtliche Zuflussprinzip hingewiesen. Inwieweit Schadensersatzansprüche des Ehemannes der Klägerin gegen den Arbeitgeber bestünden, könne sie nicht beurteilen.
Mit Urteil vom 29. November 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach § 5 Abs. 3 BErzGG entfalle der Anspruch auf den Regelbetrag in den ersten sechs Lebensmonaten des Kindes, wenn das Einkommen nach § 6 BErzGG bei Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, 30.000 € übersteige. Dieser Betrag der Einkommensgrenze erhöhe sich um 3.140 € für jedes weitere Kind, für das Kindergeld gezahlt werde, so dass hier die maßgebliche Einkommensgrenze für die ersten sechs Lebensmonate 42.560 € und ab dem siebten Lebensmonat 29.060 € betrage. Diese Einkommensgrenze werde überschritten. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BErzGG gelte als Einkommen die nicht um Verluste in einzelnen Einkommensarten zu vermindernde Summe der positiven Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Für die Berechnung des Erziehungsgeldes im ersten Lebensjahr des Kindes sei nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BErzGG das Einkommen im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes maßgebend. Die frühere gesetzliche Regelung (gemeint § 6 Abs. 2 BErzGG vor der Neufassung durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29. Dezember 2003, BGBl. I S. 3076), wonach für die Berechnung des Erziehungsgeldes im ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes das voraussichtliche Einkommen im Kalenderjahr der Geburt des Kindes maßgebend war, finde seit dem 1. Januar 2004 keine Anwendung mehr. Das nachträglich gezahlte Arbeitsentgelt in Höhe von 11.069,03 € könne nicht außen vor gelassen werden, selbst wenn es auf Gehaltsansprüchen aus den Jahren 2003 und 2004 beruhe. Maßgebend sei nach § 11 Abs. 1 EStG nämlich nur der Zufluss im Jahre 2005 und nicht der Zeitpunkt, zu dem die Ansprüche erarbeitet worden bzw. entstanden seien. § 6 Abs 1 BErzGG halte strikt am Jährlichkeitsprinzip fest. Eine Verschiebung der Einkünfte in andere Kalenderjahre sei nic...