Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinreichende Erfolgsaussicht. Erwerbsfähigkeit. Betreuung. Nahtlosigkeitsverfahren bei Leistungen des SGB XII-Trägers. Fortwirkung eines Alg II-Antrags. Sozialgerichtliches Verfahren
Orientierungssatz
1. Einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem § 73a Abs 1 S 1 SGG steht nicht entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte gleichzeitig der berufsmäßig bestellte Betreuer gem §§ 1835 Abs 3, 1908i Abs 1 S 1 BGB mit ua dem Aufgabenkreis der Vertretung in gerichtlichen Verfahren eines Hilfebedürftigen ist (vgl BGH vom 20.12.2006 - XII ZB 118/03 = NJW 2007, 844).
2. Ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ergibt sich nicht aus § 44a SGB 2, wenn ein Sozialhilfeträger rückwirkend Leistungen nach dem SGB 12 erbringt. § 44a S 3 SGB 2 enthält nicht die Anordnung einer vorläufigen Leistung, sondern eine Nahtlosigkeitsregelung nach dem Vorbild des § 125 SGB 3 (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R = BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2).
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird ihm unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2008 für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. S ab dem 30. Mai 2008 gewährt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Aufhebung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der Kläger stand seit dem 01. Januar 2005, zunächst in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin, im Leistungsbezug beim Beklagten und erhielt zuletzt mit Änderungsbescheid vom 30. Mai 2007 für die Zeit vom 01. Juni bis 30. September 2007 neben anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung Sozialgeld als nicht erwerbsfähiger Angehöriger einer Bedarfsgemeinschaft. Nach einem Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit Nord vom 10. Februar 2006 ist der Kläger aufgrund seelischer Leiden für mehr als sechs Monate vermindert oder nicht leistungsfähig. Er leidet an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, weshalb das Amtsgericht Mitte - Vormundschaftsgericht - mit Beschluss vom 18. Oktober 2007 (51 XVII 128/07), gestützt auf ein fachärztliches Gutachten von Dr. H vom 10. Oktober 2007, den Prozessbevollmächtigten des Klägers Rechtsanwalt Dr. S im Wege der einstweiligen Anordnung zum Betreuer mit den Aufgabenkreisen Vertretung vor Behörden, Gerichten und Einrichtungen, Gesundheitssorge und Heilbehandlungsbelange sowie dem Aufenthaltsbestimmungsrecht zum Zwecke der Heilbehandlung bestellte.
Nach Angaben der ehemaligen Lebensgefährtin des Klägers und nach eigenen Angaben des Klägers im Fortzahlungsantrag vom 03. September 2007 hatten sich beide im Mai 2007 getrennt und bildeten keine Bedarfsgemeinschaft mehr. Mit einem Schreiben vom 05. September 2007 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Leistungen zum 30. September 2007 eingestellt würden und er beim zuständigen Sozialamt einen Antrag auf Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) stellen solle.
Wegen der Auflösung der Bedarfsgemeinschaft und der vom Beklagten angenommenen Erwerbsunfähigkeit des Klägers hob der Beklagte mit Bescheid ebenfalls vom 05. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2008 die Leistungsbewilligung mit Wirkung zum 01. Oktober 2007 auf.
Am 27. September 2007 beantragte der Kläger beim Bezirksamt P von Berlin Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), die ihm seit dem 01. Oktober 2007 bis auf weiteres bewilligt wurden. Die vom Kläger wiederholt gestellten Rentenanträge wegen voller Erwerbsminderung wurden wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen von der Deutschen Rentenversicherung zuletzt mit Bescheid vom 23. November 2007 abgelehnt. Dagegen erhob der Kläger vor dem Sozialgericht Berlin (Az.: S 20 R 806/08) Klage.
Nach dem Inhalt der Verwaltungsakte bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 09. November 2007 dem Kläger zwar Leistungen für den Zeitraum vom 01. Oktober 2007 bis 31. März 2008, hob diese Bewilligung jedoch mit weiterem Bescheid vom gleichen Tage wieder auf. Soweit ersichtlich, ist der Aufhebungsbescheid vom 09. November 2007 nicht mit einem Widerspruch angegriffen worden. Unklar ist allerdings, ob diese Bescheide überhaupt bekannt gegeben worden sind.
Gegen die Aufhebung der Leistungen durch Bescheid vom 05. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2008 hat der Kläger am 22. April 2008 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er die Rechtswidrigkeit der Aufhebungsentscheidung geltend macht, weil kein aktuelles fachärztliches Gutachten vorgelegen habe. Gleichzeitig hat er um Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten und Betreuers gebeten. Diesen Antrag hat das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 30. Oktober 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig ergangen. Dem Kläger stünde unter keinem rechtliche...