Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Anspruch eines Krankenhauses aus abgetretenem Recht. Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Ein Krankenhaus hat aus abgetretenem Recht keinen Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer, wenn der den Vergütungsanspruch abtretende Sachverständige selbst keine Umsatzsteuer zu entrichten hatte.
Tenor
Die Vergütung der Antragstellerin für das Gutachten vom 10. März 2012 im Verfahren L 22 R 471/08 wird auf 1794,20 Euro festgesetzt. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Antragstellerin begehrt die richterliche Festsetzung der Sachverständigenvergütung, insbesondere die Erstattung der Umsatzsteuer, obwohl der Sachverständige selbst keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.
Die Antragstellerin ist ein Universitätskrankenhaus. Der vom Gericht ernannte Sachverständige steht zu ihr in einem Dienstverhältnis, aus dem heraus er verpflichtet ist, Gutachten im Auftrag von Gerichten als Dienstpflicht für seinen Dienstherrn zu erledigen. Dementsprechend wird eine Nebentätigkeitsgenehmigung nicht erteilt und der Fachvorgesetzte entscheidet, ob der vom Gericht ernannte Sachverständige unter Berücksichtigung vordringlicher Aufgaben für seinen Arbeitgeber und unter Beachtung der Gesamtbelastung den Auftrag ausführen darf. Erhält er die Genehmigung, hat er seinen Honoraranspruch gegen das Gericht an seinen Arbeitgeber abzutreten, der nach eigenem Vortrag insoweit umsatzsteuerpflichtig wird. Der Sachverständige erhält vom Arbeitgeber für das Gutachten eine Vergütung, die diesem angemessen erscheint. Dem liegt zugrunde, dass die Sachverständigen aus Sicht der Antragstellerin u.a. deshalb ernannt werden, weil sie bei der Gutachtenerstattung auf die Möglichkeiten und den Sachverstand einer Universitätsklinik zurückgreifen können. Die Gutachtenerstattung werde inhaltlich nicht beeinflusst. Aus den dargestellten Umständen ergebe sich, dass im Grunde die Antragstellerin zum Sachverständigen ernannt worden sei und ihr deshalb der geltend gemachte Honoraranspruch aus eigenem Recht zustehe. Da sie umsatzsteuerpflichtig sei, sei ihr auch die Umsatzsteuer zu erstatten. Die Abtretungserklärung sei ihrer Auffassung nach nur erforderlich, weil das Gericht die Rechtslage verkenne und ohne eine Abtretungserklärung keine Vergütung für die Antragstellerin festsetze.
Rechtsgrundlage der Festsetzung sind §§ 1 Abs. 1, 8, 9, 12 Abs. 1 Nr. 4 JVEG.
Vorliegend kann die Antragstellerin den Vergütungsanspruch nur aus abgetretenem Recht geltend machen. Ein eigener Anspruch steht ihr nicht zu. Nach § 1 Abs. 1 regelt das JVEG die Vergütung von Sachverständigen, die vom Gericht herangezogen worden sind. Daraus ergibt sich, dass nur der herangezogene Sachverständige einen Vergütungsanspruch geltend machen kann. Weiter ist es jedenfalls in der Sozialgerichtsrechtsprechung geklärt, dass das Gericht selbst den Sachverständigen heranziehen muss und die Auswahl des Sachverständigen nicht auf Dritte, sei dies der Dienstherr des Sachverständigen, der Fachvorgesetzte oder der Sachverständige selbst im Hinblick auf ein von ihm für erforderlich gehaltenes Zusatzgutachten, delegieren kann. Ein solches Gutachten wäre nämlich prozessual unverwertbar und würde keinen Vergütungsanspruch auslösen (vgl. Bundessozialgericht -BSG- vom 18. September 2003, Az.: B 9 VU 2/03 B und Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 2. Februar 2006, Az.: L 6 SF 895/05 beide zitiert nach juris).
Vorliegend besteht deshalb kein Zweifel, dass Dr. B. und nicht etwa die Antragstellerin zum Sachverständigen ernannt worden ist, denn es ist ohne weiteres davon auszugehen, dass das Landessozialgericht mit der Beweisanordnung vom 30. Mai 2011 kein unverwertbares Gutachten in Auftrag geben wollte. Dementsprechend ist die Beweisanordnung auch an Dr. B. adressiert, wenn auch an seine Dienstadresse. Allein die Nennung der Dienstadresse begründet aber keinen Zweifel an der Ernennung des Dr. B. zum Sachverständigen. Bei verständiger Auslegung der Beweisanordnung nach dem Empfängerhorizont kann auch nicht angenommen werden, dass die Antragstellerin als Sachverständige ernannt und berechtigt gewesen sein sollte, das Gutachten an einen Arzt ihrer Wahl zu delegieren.
Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass § 1 Abs. 2 JVEG die Geltung des Gesetzes auch auf Behörden und sonstige öffentliche Stellen erstreckt und bei deren Ernennung auch diesen und nicht den tatsächlich tätig gewordenen Angehörigen der Behörde den Vergütungsanspruch zuerkennt. Soweit Behörden und sonstige Stellen von den heranziehenden Stellen i.S. des § 1 Abs. 1 JVEG wirksam beauftragt werden können, bestehen auch keine Bedenken, wenn der Behörde und nicht ihren Angehörigen, die den Auftrag im Rahmen ihrer Dienstaufgaben erledigen, der Vergütungsanspruch zusteht (vgl. Meyer/Höver/Bach, Kommentar zum JVEG, 24. Auflage, Erläuterungen zu § 1, Rn. 1. 17, 1.50).
Diese Konstellation ist in der Sozialgerichtsbarkeit aber nicht gegeben. Weder...