Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den medizinischen Nachweis einer Silikose zur Anerkennung als Berufskrankheit nach Nr. 4101 der Anlage zur BKV
Orientierungssatz
1. Zu den Berufskrankheiten gehört nach Nr 4101 BKV die Quarzstaublungenerkrankung - Silikose - . Dabei handelt es sich um eine Erkrankung an Lungenfibrose durch Einatmung von Staub, welcher in unterschiedlichen Anteilen freie kristalline Kieselsäure enthält. Zur Anerkennung ist u. a. erforderlich, dass die Silikose i. S. des Vollbeweises vorliegt. Maßgeblich ist hierbei das Röntgenbild der Lunge.
2. Zur Bestimmung der im Einzelfall maßgeblichen MdE sind die radiologischen Befunde, das Beschwerdebild sowie das Ausmaß der Funktionsstörung zu ermitteln.
3. Bei altersentsprechenden normalen Blutgaswerten, normaler Sauerstoffsättigung und fehlender restriktiver Ventilationsstörung ist eine funktionsbeeinträchtigende Atemwegserkrankung der geltend gemachten Silikose zu verneinen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des Vor- und Klageverfahrens. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer höheren Verletztenrente wegen der Folgen der dem Kläger anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 4101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und um die Anerkennung dieser Berufskrankheit schon zu einem früheren Zeitpunkt.
Der 1938 geborene Kläger erlernte von 1953 bis 1956 den Beruf des Bergmannes und war - ausgenommen die Zeiträume vom 24. Juni bis zum 26. Oktober 1957 und vom 17. August 1959 bis zum 13. Mai 1961 - bis zum 27. September 1963 in diesem Beruf tätig. Ab Juni 1964 war er bis April 1974 als KFZ-Prüfer beschäftigt. Nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit absolvierte er von Februar 1977 bis Januar 1979 eine Umschulung zum Reproduktionsfotografen und war in diesem Beruf bis 1984 tätig. Anschließend war er bis 2007 selbständiger Kunsthändler.
Aufgrund der “Ärztlichen Anzeige„ des Praktischen Arztes S vom 10. Mai 1982 “über eine Berufskrankheit„ wegen “rezidivierender Luftnotanfälle„ seit 1972, in der auf einen Röntgenbefund vom 15. März 1982 sowie “Silikose I. Grades„ verwiesen wurde, leitete die Bergbau-Berufsgenossenschaft Bochum ein Feststellungsverfahren hinsichtlich des Vorliegens einer Berufskrankheit nach Nr. 4101 der BKV vom 10. Mai 1982, Quarzstaublungenerkrankung (Silikose), ein. Im Rahmen der Ermittlungen übersandte der Arzt Seipel den besagten Röntgenbefund des Radiologen Dr. G. Nach Einholung einer gewerbeärztlichen Stellungnahme vom 10. August 1982 (ILO-Klassifikation pq 1/1, “eben leichte Quarzstaublungenveränderung„), die auf Auswertung der Röntgenaufnahme vom 15. März 1982, aber auch der Aufnahmen vom 28. Juni 1972, 29. August 1972 und 01. März 1974 des Dr. G basierte, lehnte die Bergbau-Berufsgenossenschaft die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit dem Bescheid vom 23. August 1982 ab. Beim Kläger bestehe keine entschädigungspflichtige Berufskrankheit nach Nr. 4101 (Quarzstaublungenerkrankung/Silikose) oder 4102 (Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungentuberkulose/Siliko-Tuberkulose) der BKV.
Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs verwies der Kläger u. a. auf den Befund der Universitätsklinik Köln vom 14. September 1982 über eine Lungenfunktionsprüfung (deutlich vermehrtes Residualvolumen, leichtgradig eingeschränkte Vitalkapazität, mäßiggradige obstruktive Ventilationsstörung im Bereich der großen Atemwege) und zwei ärztliche Atteste der Fachärztin für Innere Krankheiten Dr. S vom März 1970. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 05. Oktober 1982 wies die v.g. Berufsgenossenschaft den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 1982 mit dem Verweis als unbegründet zurück, dass die Lungenfunktionstests für eine asthmoide obstruktive Lungenerkrankung sprächen, die als schicksalhaft aufzufassen und in keinem Zusammenhang mit der eben leichten Silikose zu bringen sei.
Seit dem 01. November 2003 bezieht der Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See Regelaltersrente.
Am 26. März 2010 stellte der Kläger bei der Beklagten einen “Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X sowie Verschlimmerungsantrag nach § 48 SGB X„ im Hinblick auf die bei ihm “vorliegende Silikose im Sinne der BK 4101„ und mit Verweis auf den ärztlichen Befund des Facharztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dipl. Med. J vom 24. September 2009. Im Rahmen ihrer Ermittlungen holte die Beklagte den Befund zum Bronchospasmolysetest vom 09. Juni 2010 von Dipl. Med. J sowie Röntgenfilme und CT-Aufnahmen ein.
Nach beratungsärztlicher Stellungnahme von Dr. S vom 18. September 2010 erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 12. November 2010 die Berufskrankheit - Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) mit obstruktiver Ventilationsstörung - nach Nr. 4101 der Anlage zur BKV an und gewährt...