Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten. Erziehung im Ausland. Niederlande. gewöhnlicher Aufenthalt. Grenzgänger
Orientierungssatz
1. § 56 Abs 3 S 2 und 3 SGB 6 trägt dem Umstand Rechnung, dass die Verhältnisse des Versicherten eine hinreichend enge Beziehung zum deutschen Arbeits- und Sozialleben gehabt haben ("Inlandsanknüpfung"). Wegen der bestandssichernden Bedeutung der Kindererziehung für das System der Altersvorsorge ist entscheidend für den Erwerb von Kindererziehungszeiten, dass die Erziehung grundsätzlich im Inland zu erfolgen hat und nur ausnahmsweise im Ausland erfolgen darf (vgl BSG vom 22.2.1995 - 4 RA 43/93 = SozR 3-2600 § 56 Nr 8). In allen Fällen zu berücksichtigender Auslanderziehung muss also eine Anknüpfung an das Versicherungsleben im Inland vorhanden sein.
2. Nach Art 13 Abs 2 Buchst a EWGV 1408/71 ist auf die Zeit der Kindererziehung das Recht der Bundesrepublik Deutschland weiterhin anwendbar, wenn der Erziehende ehemals in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt gewesen ist, selbst wenn er im maßgeblichen Zeitraum im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gewohnt hat (vgl EuGH vom 23.11.2000 - C-135/99 = SozR 3-2600 § 56 Nr 14).
3. Auch ist nach Rechtsprechung des EuGH für die Anwendbarkeit des Rechts des Beschäftigungsstaats nicht unbedingt erforderlich, dass der Elternteil unmittelbar vor der Geburt des Kindes in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, nach dem Recht des Beschäftigungsstaates, als Beschäftigter oder selbständig Tätiger versicherungspflichtig war, sondern es genügt das Bestehen einer "hinreichenden Verbindung" zwischen den Versicherungszeiten, die aufgrund der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt wurden, und den Erziehungszeiten (vgl EuGH vom 7.2.2002 - C-28/00).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Vormerkung von Kindererziehungszeiten (KEZ) und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (KiBüZ).
Die 1946 in Wi/Niederlande (NL) geborene Klägerin niederländischer Staatsangehörigkeit arbeitete in der Zeit vom 15. Juli 1965 bis zum 18. Juli 1973, d. h. bis zur Geburt ihres ersten Kindes, in verschiedenen Altersheimen und Krankenhäusern in den NL. In Deutschland (D) war sie nie versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Der Ehemann der Klägerin, der am 26. Oktober 1948 in Ahlen/Westfalen geborene O P ist deutscher Staatsangehörigkeit und war seit 1963 immer in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt (Grenzgänger).
Am 29. Mai 1973 wurde die Tochter C und am 05. Juni 1975 die zweite Tochter N jeweils in E/NL geboren.
Die Klägerin stellte am 23. März 1986 gemeinsam mit ihrem Ehemann einen Antrag auf Feststellung von KEZ. In der “Erklärung nach § 28 a Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) über eine überwiegende Erziehung durch den Vater„ vom 09. November 1986 gaben die Klägerin und ihr Ehemann unter Hinweis auf die Unwiderruflichkeit der Erklärung an, dass die Kinder C und NP während der ersten zwölf Monate nach der Geburt vom Vater überwiegend erzogen worden seien. Im Rahmen des Kontenklärungsverfahrens forderte die Beklagte von der Klägerin, die angegeben hatte, sie wolle ihre “niederländischen Versicherungszeiten in die BRD umbuchen lassen„, für Zeiten ab Vollendung ihres 16. Lebensjahres Unterlagen über einen Schulbesuch an und teilte ihr mit, dass sie sich wegen der niederländischen Versicherungszeiten von Juli 1965 bis Juli 1973 an den niederländischen Versicherungsträger gewandt habe.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Juli 1987 stellte die Beklagte fest, dass eine Ausfallzeit nicht anerkannt werden könne, weil die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 AVG für die Zeit vom 03. April 1962 bis zum 05. Juli 1964 nicht nachgewiesen sei. Für das am 29. Mai 1973 geborene Kind C könne die Zeit vom 01. Juni 1973 bis zum 31. Mai 1974 und für das am 05. Juni 1975 geborene Kind N könne die Zeit vom 01. Juli 1975 bis zum 30. Juni 1976 nicht als KEZ nach § 28 a AVG anerkannt werden, weil diese Zeiten aufgrund einer übereinstimmend abgegebenen Erklärung beim Vater anerkannt werden sollten. Diese Erklärung könne nicht widerrufen werden.
Die Beklagte erließ einen weiteren Bescheid vom 06. November 1987 an den Ehemann der Klägerin, in welchem sie die Anerkennung von KEZ ablehnte, weil er sich mit den Kindern im Ausland aufgehalten habe. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 1988 zurück. Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin (S 6 An 2435/88) machte der Vater im Januar 1989 geltend, keine seiner Töchter habe je in den Niederlanden gewohnt, die Angaben des niederländischen Einwohnermeldeamtes seien falsch. Die Klage wurde mit Urteil vom 17. Januar 1990 abgewiesen, die Berufung (L 12 An 19/920) durch U...