Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht
Leitsatz (amtlich)
Hat die Einzugsstelle durch bestandskräftigen Verwaltungsakt entschieden, dass ein Sohn im Betrieb der Mutter in einem vergangenen abgeschlossenen Zeitraum sozialversicherungspflichtig beschäftigt war und stellt sich Jahre später heraus, dass dieser Bescheid rechtswidrig war, hat die Einzugsstelle nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X ein Ermessen, ob sie den bestandskräftigen Verwaltungsakt zurücknimmt. Ein Fall des § 44 Abs 1 SGB X, wobei druch diesen Verwaltungsakt Beiträge zu Unrecht erhoben sein müssen, liegt nicht vor.
Tenor
Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 12.1.2009 insoweit aufgehoben,
- als der Bescheid vom 22.7.2005 aufgehoben wurde,
- festgestellt wurde, dass der Kläger vom 1.3.1995 bis 31.12.2000 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt war,
- und die Beklagte verurteilt wurde, die zu Unrecht von dem Kläger geleisteten Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nach den gesetzlichen Bestimmungen zurückzuzahlen.
Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Rücknahme des Bescheids vom 22.7.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der 1. Instanz zu erstatten.
Die Beigeladene zu 1), die Beklagte und die Beigeladene zu 3) haben als Gesamtschuldner die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Weitere Kostenerstattungen finden nicht statt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 1.3.1995 bis 31.12.2000 bei der Firma W. J. P. gesamtsozialversicherungspflichtig beschäftigt war und um die Erstattung von Beiträgen.
Der 1950 geborene Kläger ist gelernter Betriebsschlosser und absolvierte die Fachhochschule für Maschinenbau. Nach einer Facharbeiterprüfung arbeitete er von 1967-1970 als Facharbeiter und nach dem Ingenieurexamen von 1975 bis 1981 als technischer Angestellter. Anschließend war er Assistent bei den Röhrenwerken in B. und bis 1993 in einem N. Betrieb Betriebsleiter; vom 23.9.1993 bis 28.2.1995 bezog er als Arbeitsloser Leistungen der Beigeladenen zu 2).
Auf die mittlerweile verstorbene Mutter des Klägers W. J. war die Firma P. M. in B. angemeldet. Im November 1994 wurden dieser Firma von der Kreissparkasse Sa. Kredite über 600.000 DM gewährt. Der Vater des Klägers, der zum damaligen Zeitpunkt bei der Firma Sst. als Dreher beschäftigt war, bürgte ebenfalls wie der Kläger mit einer Summe von 600.000 DM.
Unter dem Datum des 1.3.1995 schloss der Kläger mit der Firma seiner Mutter einen Arbeitsvertrag, in dem unter anderem der Arbeitsbereich definiert, ein Arbeitsentgelt von 6.200 DM sowie eine Arbeitszeit von 37,5 h vereinbart wurden. Unter anderem wurde ihm auch ein Jahresurlaub gewährt und es wurde eine Kündigungsfrist vereinbart.
Im Mai 2005 begehrte der Kläger von der Beklagten die versicherungsrechtliche Beurteilung seines Beschäftigungsverhältnisses. Mit Bescheid vom 22.7.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei während der Beschäftigung bei der Mutter von März 1995 bis Dezember 2000 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Er sei in den Betrieb eingegliedert gewesen, ein Weisungsrecht habe bestanden, ein Arbeitsentgelt sei vereinbart, Lohnsteuer sei entrichtet und Betriebsausgaben seien geltend gemacht worden. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 2.7.2007 beantragte der Kläger erneut die Feststellung, dass er in der Zeit von März 1995 bis Dezember 2000 nicht der Sozialversicherungspflicht unterlegen war. Die zu Unrecht entrichteten Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung seien zu erstatten. In diesem Antrag trug der Kläger unter anderem vor, am 5.1.1996 hätten er, sein Vater und ein Dritter die A.-M.-S.- u. M. GmbH gegründet, die im August 2000 in die A.-M.-G. umfirmiert worden sei. Diese sei in die anschließend gegründete A.-M. GmbH & Co. KG als persönlich haftende Gesellschafterin eingebracht worden; er und sein Vater seien Kommanditisten gewesen. In diese KG sei das vorherige Einzelunternehmen der Mutter integriert worden. Mit Gründung der GmbH sowie der GmbH & Co. KG sei er auch Geschäftsführer geworden. Er habe mit Eintritt in das Familienunternehmen die Auftragsbearbeitung, den Einkauf, das gesamte Personal sowie die Konstruktionsmethoden verantwortet. Seine Tätigkeit habe er stets eigenständig gestaltet und sich ein Entgelt gezahlt, welches seinen Bedürfnissen und den Möglichkeiten des Unternehmens entsprochen habe. In der Praxis habe er zehn Tage Urlaub im Jahr gehabt und 50-60 h pro Woche gearbeitet. Außerdem habe er eine Bürgschaft über 600.000 DM übernommen. Ferner trug der Kläger vor, die Mutter sei lediglich zum Schein in die Geschäftsführung integriert worden, eigentlicher Kopf des Unternehmens sei er selbst gewesen.
Auf die Mitteilung der Beklagten, ...