Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherungspflicht. Befreiung. freiberuflicher Rechtsanwalt
Orientierungssatz
Über den eindeutigen Wortlaut von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6 hinaus kann die Befreiungsregel auch bei gesetzessystematischer und an Sinn und Zweck orientierter Auslegung nur tätigkeits- und nicht personenbezogen verstanden werden (vgl BSG vom 22.10.1998 - B 5/4 RA 80/97 R = SozR 3-2600 § 56 Nr 12). Da freiberufliche Rechtsanwälte nicht zu den versicherungspflichtigen selbständigen Personengruppen nach § 2 SGB 6 zählen, kann Anknüpfungspunkt für die Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht eines Rechtsanwalts grundsätzlich nur dessen Tätigkeit als versicherungspflichtig angestellter Jurist sein (vgl LSG Hamburg vom 9.10.2002 - L 8 RA 48/01).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. November 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum vom 1. Juli 1999 bis 30. September 2001 streitig.
Der 1968 geborene Kläger ist von Beruf Rechtsanwalt. Er war seit dem 31. Juli 1998 als angestellter Anwalt bei der Hamburger Rechtsanwaltssozietät W. beschäftigt und besaß eine Zulassung beim Landgericht Hamburg. Ohne dass sich an seinem Beschäftigungsverhältnis etwas geändert hätte, wurde er nach Verzicht auf diese Zulassung auf seinen Antrag unter Beibehaltung seines Hamburger Wohnsitzes am 14. Juli 1999 beim Landgericht Oldenburg zugelassen. Als Kanzleisitz gab er seinen Zweitwohnsitz im S.-Weg, O. an. Diese Zulassung bestand bis zum 21. September 1999. Mit Wirkung ab 22. September 1999 wurde der Kläger wieder beim Landgericht Hamburg zugelassen.
Mit seiner Zulassung beim Landgericht Oldenburg wurde der Kläger Mitglied der Rechtsanwaltskammer Oldenburg und gleichzeitig mit Wirkung ab 1. Juli 1999 Pflichtmitglied der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen - Niedersächsisches Versorgungswerk der Rechtsanwälte -. Nachdem er wieder beim Landgericht Hamburg zugelassen worden war, blieb er freiwilliges Mitglied des Niedersächsischen Versorgungswerkes. Bereits mit am 22. August 1999 beim Versorgungswerk eingegangenem und von diesem an die Beklagte weitergeleitetem Schreiben hatte er bei der Beklagten unter Hinweis auf seine Pflichtmitgliedschaft beim Versorgungswerk die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 1. Juli 1999 beantragt. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 29. August 2000 mit im Wesentlichen der Begründung ab, dass die seit dem 31. Juli 1998 vom Kläger in Hamburg ausgeübte Tätigkeit nicht zur Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk führe. Dies ergebe sich allein schon daraus, dass in Hamburg ein solches Versorgungswerk für Rechtsanwälte nicht bestehe. Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger unter anderem geltend, die Pflichtmitgliedschaft im Niedersächsischen Versorgungswerk sei aufgrund seiner Beschäftigung bei der Hamburger Sozietät eingetreten. Die Zulassung beim Landgericht Oldenburg sei im Einverständnis seines Arbeitgebers und somit aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses erfolgt. Nachdem während des Widerspruchsverfahrens auch in Hamburg ein Versorgungswerk für Rechtsanwälte errichtet worden war, befreite die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 8. Oktober 2001 mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2001 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Hinsichtlich des vor dem 1. Oktober 2001 liegenden Zeitraumes wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2001 zurück.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht die Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen durch Beschluss vom 18. Dezember 2002 beigeladen. Durch sein Urteil vom 11. November 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nicht wegen seiner in Hamburg ausgeübten abhängigen Beschäftigung als Rechtsanwalt einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk unterlegen. Die Pflichtmitgliedschaft bei der Beigeladenen beruhe auf der Kanzleigründung in O., bei welcher es sich um eine selbständige Tätigkeit des Klägers gehandelt habe, die unabhängig von dem in Hamburg fortbestehenden Beschäftigungsverhältnis zu sehen sei.
Die nachfolgende freiwillige Mitgliedschaft im niedersächsischen Versorgungswerk berechtige schon vom Wortlaut des § 6 Abs. 1 Sechstes Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) nicht zur Befreiung von der Versicherungspflicht. Die Verweigerung der Befreiung verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Zwar könne der Kläger aus der Pflichtmitgliedschaft im streitigen Zeitraum keine Leistungsansprüche erwerben, es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass er z.B. durch einen A...