Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs des Grundsicherungsberechtigten auf Anerkennung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung
Orientierungssatz
Voraussetzung eines Anspruchs des Grundsicherungsberechtigten auf Anerkennung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB 2 ist, dass er krankheitsbedingt eine Kost benötigt, die von der Ernährung mit Vollkost abweicht und einen zusätzlichen Kostenaufwand hervorruft. Weil die Vollkosternährung von dem Regelbedarf gedeckt ist, besteht eine kostenaufwändige Ernährung nur bei einer besonderen, von der Vollkost abweichenden Ernährungsform (BSG Urteil vom 20. 2. 2014, B 14 AS 65/12 R).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18.05.2017 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben auch im Berufungsverfahren einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung streitig.
Die am 00.00.2007 geborene Klägerin stand gemeinsam mit ihrer Mutter im Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Der Klägerin wurden mit Bescheid vom 25.02.2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29.05.2013 Leistungen für den Zeitraum März 2013 bis August 2013 bewilligt. Am 16.05.2013 erschien die Mutter der Klägerin und beantragte bei der Beklagten einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aufgrund einer bestehenden Laktoseintoleranz der Klägerin. Ergänzend reichte sie eine ärztliche Stellungnahme ihres behandelnden Arztes Dr. X (Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin) ein, welcher attestierte, dass die Klägerin einer mit deutlichen Mehrkosten verbunden Krankenkost wegen einer sonstigen schweren Erkrankung "mit erheblicher Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes oder unter belastender Therapie: Erbrechen und Durchfälle" bedürfe. Als Diagnosen nannte er eine Laktoseintoleranz, Dystrophie, somatische Entwicklungsverzögerung sowie Infektanfälligkeit. Die derzeitige Therapie sei eine laktosefreie Diät. Mit weiterem Bewilligungsbescheid vom 29.08.2013 gewährte die Beklagte Leistungen für September 2013 bis Februar 2014.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung mit Bescheid vom 04.12.2013 ab. Nach dem aktuellen Stand der Medizin werde davon ausgegangen, dass bei vielen Erkrankungen, bei denen früher ein Mehrbedarf gewährt worden sei, tatsächlich keine kostenaufwändige Ernährung notwendig sei. Oftmals reiche es bereits aus, bestimmte Lebensmittel zu meiden oder den täglichen Speiseplan im Gegensatz zur "normalen Mischkost" lediglich anders zusammenzusetzen. Hierdurch entstünden jedoch keine zusätzlichen Kosten. Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch. Sie leide seit ihrer Geburt an Laktasemangel bzw. Laktoseintoleranz. Soweit die Klägerin keine laktosefreien Produkte zu sich nehme, reagiere sie mit Bauchschmerzen, Darmwinden, Bauchkrämpfen, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, spontanen Durchfällen, Schlappheit, Müdigkeit sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2014 als unbegründet zurück. Grundsätzlich bestehe bei Laktoseintoleranz kein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung, da sich die Therapie auf das Weglassen von Laktose beschränke. Kostenaufwändiger als eine Ernährung mit Vollkost werde die Ernährung für die Klägerin dadurch jedoch nicht.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.05.2014 Klage erhoben. Es sei zu berücksichtigen, dass sie zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses sechs Jahre alt gewesen sei. Der durch den behandelnden Arzt Dr. X im Rahmen der üblichen Vorsorgeuntersuchungen angefertigten Perzentilkurve in Bezug auf die Körpergröße und das Körpergewicht der Klägerin sei insbesondere mit zunehmenden Alter ein doch deutlich bestehendes Untergewicht bei weit unterdurchschnittlicher Körpergröße zu erkennen gewesen. Es sei eine Einzelfallprüfung anzustrengen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 04.12.2013 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 07.05.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre Bewilligungsbescheide vom 25.02.2013, 29.05.2013 für März 2013 bis August 2013 und den Bescheid vom 29.08.2013 für September 2013 bis Februar 2014 abzuändern und ihr höhere Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass die Voraussetzungen eines Mehrbedarfes für kostenaufwändige Ernährung nicht nachgewiesen seien.
Das Sozialgericht Detmold hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch Dr. I (Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin; Sozialmedizin, Rehabilitationswesen, physikalische Ther...