Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Sozialgerichts für Klage auf Akteneinsicht wegen Sozialdaten
Orientierungssatz
1. Für Streitigkeiten nach dem Informationsfreiheitsgesetz ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben. Für Streitigkeiten wegen Akteneinsicht zu Sozialversicherungsdaten ist dagegen der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Falls der beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, ist dies von Amts wegen auszusprechen und zugleich der Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen.
2. Betrifft der Rechtsstreit die Klage des Insolvenzverwalters auf Einsicht in die vom Schuldner an die Sozialversicherungsträger geleisteten Zahlungen, so geht der geltend gemachte Anspruch über den zur Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte gehörenden Auskunftsanspruch nach § 1 IFG hinaus.
3. Für einen solchen Antrag auf Akteneinsicht entsprechend § 25 Abs. 1 SGB 10 ist nach § 51 Abs. 1 SGG die Zuständigkeit der Sozialgerichte gegeben.
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten vom 03. September 2009 wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18. August 2009 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass für die am 27. Juli 2009 beim Sozialgericht Gelsenkirchen erhobene Klage auf Erteilung von Auskünften über Zahlungen auf das Beitragskonto des Transportunternehmers I G in der Zeit vom 01. Juli bis zum 30. September 2005 der Sozialrechtsweg gegeben ist.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdegegner (Kläger).
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I. Die Beklagte (im Folgenden: Beschwerdeführerin -Bf-) wendet sich gegen die Verweisung einer gegen sie erhobenen Klage an das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen.
Der Kläger (im Folgenden: Beschwerdegegner -Bg-) ist vom Amtsgericht - Insolvenzgericht - F mit Beschluss vom 01.12.2005 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des I G - handelnd unter der Firma I G Transportunternehmen, C - (im Folgenden: Schuldner) ernannt worden.
Mit Schreiben vom 11.12.2008 bat der Bg die Bf, ihm mitzuteilen, welche Zahlungen diese von dem Schuldner im Zeitraum vom 01.07. bis zum 30.09.2005 erhalten habe; insbesondere bat er um Übersendung eines Ausdrucks des Beitragskontos. Er stützte seinen Auskunftsanspruch auf § 1 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG; Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 05.09.2005, Bundesgesetzblatt (BGBl.) I, S. 2722).
Die Bf lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08.01.2009 ab und führte zur Begründung aus, ein Auskunftsanspruch bestehe nicht, da die geforderten Informationen aus dem "eigenen Verantwortungsbereich" (§ 9 Abs. 3 IFG) stammten. Sollten dem Bg die Informationen nicht vorliegen, gälten vorrangig die Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO). Insoweit bestehe ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Schuldner (§ 97 InsO). Auch teile sie nicht die Auffassung, sie habe Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gehabt. Den Widerspruch des Bg wies die Bf mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2009 zurück. Sie bezweifelte bereits, ob das IFG auf sie anzuwenden sei; denn sie sei ein Selbstverwaltungsträger, nicht aber eine Behörde des Bundes. Darüber hinaus stehe einem Auskunftsanspruch entgegen, dass sich der Bg die nötigen Informationen in zumutbarer Weise selbst beschaffen könne, indem er seinen Auskunftsanspruch nach § 97 InsO gegenüber dem Schuldner durchsetzen könne. Mit der Rechtsmittelbelehrung verwies die Bf den Bg auf die Klage zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen.
Am 27.07.2009 hat der Bg bei diesem SG gegen die Bf Klage erhoben und vorgebracht, er sei als Insolvenzverwalter wie jede andere Person berechtigt, den Informationszugangsanspruch nach dem IFG geltend zu machen. Er brauche sich nicht darauf verweisen zu lassen, den Schuldner in Anspruch zu nehmen. Aus dem IFG ergebe sich ein eigenständiger Auskunftsanspruch. Im Übrigen seien auch die wirtschaftlichen Interessen der Sozialversicherung nicht beeinträchtigt (vgl. § 3 Nr. 6 IFG), da es nicht darum gehe, die Versichertendaten im Interesse von Privatunternehmen oder Dritten auszuforschen. Schließlich bezweifelte er die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den SGn.
Das SG hat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 18.08.2009 den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das VG Gelsenkirchen verwiesen, weil für Streitigkeiten nach dem Informationsfreiheitsgesetz der Rechtsweg zu den VGn gegeben sei.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Bf vom 03.09.2009. Sie meint, das Auskunftsbegehren des Bg beinhalte eine originär krankenversicherungsrechtliche Streitigkeit und falle daher unter die Zuständigkeitsnorm des § 51 Abs. Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Sie verweist dazu auf einen Beschluss des erkennenden Senats vom 14.05.2009 (L 16 B 77/09 KR).
Der Bg verweist darauf, dass § 9 Abs. 4 IFG davon ausgehe, dass der Rechtsweg (allein) zu den VGn gegeben sei. Im Übrigen gehe es ihm als Insolvenzverwalter darum, zu prüfen, ob die Bf als Einzugsstelle Versicherungsbeiträge in der Verga...