Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einer Operations-Schwester
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit unter einer Abhängigkeit in einem Arbeitsverhältnis bei einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Ist eine Operations-Fachschwester in einer Klinik tätig, um dort kurzfristigen Bedarf infolge Krankheit und sonstigen Ausfall qualifiziert abzudecken, unterliegt sie dabei einem Weisungsrecht, ist eine wöchentliche Mindestarbeitszeit vereinbart, ist sie in den Klinikbetrieb eingegliedert, ist als Vergütung ein Stundenlohn vereinbart und hat sie ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, so ist von dem Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
3. Dem widerspricht nicht das Fehlen einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und eine Haftung für von ihr verursachte Schäden. Die Haftung für Pflichtverletzungen ist für einen Arbeitnehmer nicht untypisch.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 26.3.2014 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.744,92 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in ihrer Tätigkeit als Operations(OP)-Fachschwester für die Klägerin in der Zeit vom 1.9.2011 bis 31.1.2012.
Die Beigeladene zu 4) bewilligte der Beigeladenen zu 1) mit Bescheid vom 16.9.2011 für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit am 1.9.2011 einen Gründungszuschuss gemäß § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit vom 1.9.2011 bis zum 31.5.2012 in Höhe von monatlich 1.554,30 Euro. Nach dem "Businessplan für eine Tätigkeit als Freiberufliche OP-Fachkrankenschwester" verfolgte die Beigeladene zu 1) das Unternehmensziel, kurzfristigen Bedarf durch Krankheit, Ausfall oder Kündigung bei Kunden im OP- und Sterilisationsbereich qualifiziert abzudecken, ohne dass der Kunde langfristige Verträge eingehen muss (Ziffer 2.1).
Am 27.2.2012 stellte die Beigeladene zu 1) einen Statusfeststellungsantrag nach § 7a Abs. 1 SGB IV. Sie gab darin an, eine Tätigkeit als freiberuflich tätige OP-Fachschwester seit dem 1.9.2011 für die Klägerin auszuüben. Daneben sei sie für die Q-Klinik H in E tätig. Sie beantragte festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Die Beigeladene zu 1) gab weiter an, dass die Auftragsausführung nicht kontrolliert werde. Es würden auch keine Vorgaben/Anweisungen zur Auftragsdurchführung gemacht. Die Anwesenheit werde auf den vom Auftragnehmer geführten Stundennachweisen bestätigt. Der Auftraggeber müsse 7,5 Stunden pro Tag während der Auftragslaufzeit garantieren. Er könne keine Anwesenheit anordnen oder Vorgaben bzgl. der Zeit machen. Auch könne der Auftraggeber keine regelmäßigen Arbeitszeiten anordnen. Die Tätigkeit könne nur in den OP-Bereichen der Auftraggeber durchgeführt werden. Eine Teilnahme an Dienstbesprechungen, Schulungsmaßnahmen, Abteilungsbesprechungen etc. erfolge nicht. Die von dem Auftraggeber eingekauften Leistungen würden entsprechend von der OP-Leitung eingeplant. Alle Verträge seien mit der Personalleitung des jeweiligen Auftraggebers bzgl. des Stundensatzes, der Zuschläge und auch der Spesenpauschalen sowie der Einsatzzeiten einzeln zu verhandeln. Neue Verträge seien durch entsprechende Werbemaßnahmen bei potentiellen Auftraggebern zu akquirieren. Bei fehlenden Aufträgen so wie Ausfall durch Krankheit oder Urlaub erziele sie keine Umsätze.
Ihrem Antrag fügte die Beigeladene zu 1) den mit der Klägerin geschlossenen Honorarvertrag für den Einsatzzeitraum vom 1.9. bis 31.10.2011 bei, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Auf Nachfrage der Beklagten gab die Beigeladene zu 1) ergänzend an, der OP-Plan werde durch den OP-Koordinator aufgestellt. Sofern es zu einem Kontakt mit einem Patienten komme, stelle sie sich mit Schwester H vor. Das Führen der Erstgespräche mit den Patienten sei dem behandelnden Arzt vorbehalten, ebenso die Erarbeitung eines Behandlungsplanes für den Patienten. In dem vorgelegten Vertrag habe sie geregelt, dass sie keine Schichtarbeit bzw. Bereitschaftsdienste übernehme. Die Rahmenbedingungen (an welchen T...