Leitsatz
Die Zwangsmitgliedschaft von Unternehmen in der Berufsgenossenschaft der jeweiligen Branche ist rechtmäßig. Damit ist nun die letzte anhängige Klage gegen die Monopolstellung der gesetzlichen Unfallversicherung gescheitert.
Sachverhalt
In der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (UV) sind die Unternehmen automatisch bei der Berufsgenossenschaft pflichtversichert, die für ihre Branche errichtet wurde. Einige Unternehmen wollen die UV lieber privatisieren und die Monopolstellung der Berufsgenossenschaften kippen. Mehr Flexibilität, weniger Bürokratie und weniger Kosten – das versprechen sie sich aus der Hand privater Versicherungsunternehmen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden seit 10 Jahren zahlreiche Prozesse angestrengt. Das höherrangige Europarecht sollte zum Ziel führen. Die Verfechter der privaten UV argumentieren gegen die Monopolstellung der deutschen Berufsgenossenschaften. Sie verstoße gegen das europäische Wettbewerbsrecht.
Der Bund der Steuerzahler unterstützt diese Initiative. Doch vom Ziel einer privaten Unfallversicherung ist man nicht allseits begeistert. Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) steht einer Privatisierung zurückhaltend gegenüber. Sie verfolgt das Ziel, das vorhandene Leistungsrecht der Unfallversicherung dringend zu modernisieren. Dieses müsse sich stärker auf die betriebsspezifischen Risiken konzentrieren. Die letzte noch anhängige Klage gegen das Monopol der Berufsgenossenschaften ist nun gescheitert.
Das LSG Chemnitz hat die Revision vor dem BSG gar nicht erst zugelassen. Die Richter haben in diesem Verfahren geklärt, ob das Monopol mit EU-Recht vereinbar ist. Die Frage wurde dem EuGH vorgelegt. Dieser verneinte klar einen Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht und gab Hinweise zur Auslegung der europäischen Dienstleistungsfreiheit. Ob das Monopol gerechtfertigt ist, sei nach der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen. Entsprechend der Aufgabenverteilung zwischen europäischem und nationalem Gericht müsse dies allerdings das LSG selber prüfen.
Das LSG holte dazu ein wirtschaftswissenschaftliches Gutachten ein, das die Auffassung von Bundesarbeitsministerium und Berufsgenossenschaften bestätigte. Letztlich hat der Senat entschieden, dass die Regelung des Sozialgesetzbuchs mit dem Europarecht übereinstimmt. Die Pflichtversicherung der Unternehmen zur Absicherung des Unfallrisikos der Arbeitnehmer nach dem deutschen Sozialgesetzbuch ist gerechtfertigt und rechtmäßig.
Hinweis
Zum selben Ergebnis war bereits zuvor das BSG in 3 Parallelfällen gekommen. Mit dem Abschluss des letzten anhängigen Verfahrens scheint es, dass die Initiative zur Privatisierung der deutschen Unfallversicherung nun erfolglos am Ende eines langen Wegs angekommen ist.
Link zur Entscheidung
LSG Chemnitz, Urteil v. 31.8.2011, L 6 U 51/09.