A. Internationales Erbrecht
Rz. 1
Die Bestimmungen des am 1.1.1983 in Kraft getretenen Gesetzes der ehemaligen Föderation Jugoslawien zur Lösung von Gesetzeskollisionen mit den Vorschriften anderer Staaten für bestimmte Verhältnisse (IPRG) vom 15.7.1982 galten in der souveränen Republik Mazedonien nach Abspaltung aus der jugoslawischen Föderation zunächst fort. Am 12.7.2007 wurde das Gesetz durch ein neues IPR-Gesetz ersetzt. Dieses enthält in seinen Art. 35 ff. auf dem Gebiet des Internationalen Erbrechts allerdings kaum inhaltliche Änderungen zum vormals jugoslawischen Recht. Damit gilt für die Erbfolge das Heimatrecht des Erblassers. Die Testierfähigkeit des Erblassers unterliegt dem Heimatrecht bei Errichtung des Testaments.
Seit dem 18.2.2021 ist das internationale Erbrecht in den Art. 51 ff. des Gesetzes über das Internationale Privatrecht vom 4.2.2020 geregelt, welches ausdrücklich die Kollisionsnormen der EuErbVO in das mazedonische Recht überführen. So enthalten diese Regeln eine wörtliche Übersetzung der Art. 21, 22, 23, 24, 25, 27, 28, 32 EuErbVO. Art. 59 mazIPRG stellt sogar ausdrücklich klar, dass diese Regeln im Einklang mit den entsprechenden Regeln der EuErbVO auszulegen und anzuwenden sind. Daher unterliegt die Erbfolge nun nicht mehr dem Heimatrecht des Erblassers, sondern dem am letzten gewöhnlichen Aufenthalt geltenden Recht, soweit nicht der Erblasser die Erbfolge seinem Heimatrecht unterstellt hatte (Rechtswahl). Zwar enthält das IPRG in Art. 6 eine Definition des gewöhnlichen Aufenthalts. Angesicht der Anlehnung der Auslegung an die EuErbVO dürfte diese Definition bei der Anwendung der erbrechtlichen Bestimmung aber durch die einschlägige Rechtsprechung des EUGH verdrängt werden.
Rz. 2
Das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961 ist kraft ausdrücklicher Rechtsnachfolgeerklärung nach Erlangung der Unabhängigkeit der Republik Mazedonien für diese weiterhin verbindlich. Die Regeln des Haager Übereinkommens sind dennoch in Art. 56 IPRG inkorporiert worden und werden dort ausdrücklich auf sämtliche Verfügungen von Todes wegen erstreckt. Darüber hinaus sind die einschlägigen Kollisionsnormen des Abkommens in Art. 37 mazedonisches IPRG inkorporiert. Auch das von der damaligen Sozialistischen Föderation Jugoslawien ratifizierte Washingtoner Abkommen über ein einheitliches Recht der Form eines Internationalen Testaments vom 26.10.1973 wird weiterhin angewandt.
B. Gesetzliche Erbfolge
Rz. 3
Das materielle Erbrecht ist in dem am 20.9.1996 in Kraft getretenen Erbgesetz (mazErbG) enthalten, welches das vormalige Erbgesetz aus dem Jahre 1973 abgelöst hat.
Rz. 4
Gesetzliche Erben erster Ordnung sind gem. Art. 13 mazErbG die Kinder und der Ehegatte. Für Abkömmlinge der Kinder gelten die Regeln über die Repräsentation und die Erbfolge nach Stämmen. Nichteheliche, adoptierte und eheliche Abkömmlinge erben gleichberechtigt (Art. 4 mazErbG). Dabei bringt die starke Adoption das gegenseitige Erbrecht mit den leiblichen Verwandten zum Erlöschen (Art. 4 Abs. 2, 23 Abs. 2 mazErbG).
Rz. 5
In zweiter Ordnung sind die Eltern und der Ehegatte berufen. Sie erben gem. Art. 16 Abs. 2 mazErbG jeweils die Hälfte. Ist ein Elternteil vorverstorben, so geht sein Anteil (also ein Viertel bzw. eine Hälfte, wenn der Erblasser keinen Ehegatten hinterlässt) auf seine Abkömmlinge (also die Brüder und Schwestern bzw. Nichten und Neffen des Erblassers) über. Überleben weder Eltern noch Abkömmlinge der Eltern den Erblasser, so wird sein Ehegatte gesetzlicher Alleinerbe (Art. 19 mazErbG).
Rz. 6
Eine Spezialität des mazedonischen Rechts ist das gesetzliche Erbrecht von Pflegekindern, Pflegeeltern, Stiefkinder und Stiefeltern sowie Schwiegerkindern und Schwiegereltern. Diese beerben sich gem. Art. 29 Abs. 1 mazErbG gegenseitig, wenn sie mindestens fünf Jahre in dauernder Gemeinschaft gelebt haben und der Erblasser keinen Ehegatten, Erben der ersten Ordnung und keine Eltern und Geschwister hinterlassen hat. Hinterlässt der Erblasser auch einen Ehegatten, so erben der Ehegatte und die genannten Personen je ein Halb (Art. 29 Abs. 2 mazErbG).
Rz. 7
Die Großeltern (und deren Abkömmlinge) gehören zu den Erben der dritten Ordnung (Art. 20 ff. mazErbG).
Rz. 8
Der Ehegatte erbt in der ersten Ordnung mit den Kindern zu grundsätzlich gleichen Teilen. Das Ehegattenerbrecht erlischt nicht erst mit Scheidung, sondern auch schon mit Erhebung der Scheidungsklage, wenn sie entweder durch die Ehegatten gemeinschaftlich und einvernehmlich eingereicht worden ist oder der Erblasser Scheidungsklage erhoben hatte und das Gericht nach seinem...