Leitsatz
Zwischen rechtskräftig geschiedenen Eheleuten bestand Streit über die elterliche Sorge für die im September 1997 geborene gemeinsame Tochter und das Umgangsrecht mit ihr. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Tochter war bereits im Jahre 2002 auf die Kindesmutter übertragen worden. In der Folgezeit beanspruchten beide Eltern die Übertragung der elterlichen Sorge auf sich. Die Anträge beider wurden zurückgewiesen.
Sachverhalt
Aus der rechtskräftig geschiedenen Ehe der Parteien ist die im September 1997 geborene Tochter hervorgegangen, die seit der Trennung ihrer Eltern Ende 2001/Anfang 2002 im Haushalt der Kindesmutter lebt, der durch Beschluss des Familiengerichts vom 20.06.2002 das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wurde. Über das Umgangsrecht hatten sich die Parteien zuvor beim Familiengericht geeinigt.
Nach erheblichen Divergenzen zwischen den Parteien wegen des von der Mutter erhobenen Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs des Kindesvaters zum Nachteil der Tochter, der sich nach Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bestätigte, beantragten beide die Übertragung der elterlichen Sorge für die Tochter auf sich. In diesem Verfahren hat das Familiengericht ein psychologisches Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, welche Sorgerechtsregelung dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Es erfolgte eine Anhörung des Kindes, der Kindeseltern und des verfahrensbeteiligten Kreisjugendamtes.
Der Kindesvater legte Beschwerde gegen den Beschluss ein, soweit sein Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge zurückgewiesen wurde und verfolgte seinen erstinstanzlichen Antrag weiter. Die Kindesmutter beantragt Zurückweisung der Beschwerde.
Das OLG hat auf die Beschwerde des Kindesvaters den Beschluss aufgehoben und die Sache insoweit zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen.
Entscheidung
Das OLG hält die erstinstanzliche Entscheidung für verfahrensfehlerhaft. Das Familiengericht ist zwar seiner sich aus § 50b Abs. 1 FGG ergebenden Pflicht zur Anhörung des Kindes und auch der gebotenen Anhörung der Kindeseltern nach § 50a Abs. 1 S. 2 FGG nachgekommen. Verlauf und Ergebnis der Anhörung sind jedoch weder aus dem Sitzungsprotokoll vom 20.1.2005 noch aus dem angefochtenen Beschluss oder einem Aktenvermerk ersichtlich. Die Dokumentation der Anhörung ist jedoch notwendige Voraussetzung, um dem Rechtsmittelgericht die Würdigung der Beweisergebnisse und die Prüfung zu ermöglichen, ob und wieweit alle entscheidungserheblichen Fragen erörtert worden sind oder ob und gegebenenfalls mit welchem Schwerpunkt eine erneute Anhörung zu erfolgen hat.
Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob der angefochtene Beschluss auch deshalb verfahrensfehlerhaft ergangen ist, weil er keinerlei Ausführungen dazu enthält, aus welchen rechtlichen Erwägungen das Familiengericht die von dem Kindesvater erstrebte Abänderung des Beschlusses, mit dem der Kindesmutter das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen worden war, für nicht gerechtfertigt hält. Die Entscheidung des Familiengerichts enthält ausschließlich Ausführungen zu den von ihm verneinten Voraussetzungen für eine Abänderung der bestehenden gemeinsamen elterlichen Sorge, welche aber tatsächlich hinsichtlich des Teilbereichs des Aufenthaltsbestimmungsrechts seit dem 20.06.2002 nicht mehr bestanden hat. Eine eigene Sachentscheidung hält das OLG für nicht sachdienlich.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 21.07.2005, 9 UF 48/05