Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhalt: nachrangig verpflichtete Verwandte
Leitsatz (amtlich)
1. § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB hat keinen Einfluss auf die Ersatzhaftung dritter Personen gem. § 1607 BGB.
2. Die Ersatzhaftung eines Dritten beginnt erst, wenn der betreuende Elternteil ebenfalls leistungsunfähig ist.
3. Wer einen nachrangig verpflichteten Verwandten auf Unterhalt in Anspruch nimmt, muss darlegen und beweisen, dass der vorrangig Verpflichtete nicht leistungsfähig ist.
Normenkette
BGB § 1603 Abs. 2, § 1606 Abs. 3 S. 2, § 1607
Verfahrensgang
AG Aschaffenburg (Urteil vom 14.09.2005; Aktenzeichen 1 F 285/05) |
Tenor
Den Klägern wird für die Berufungsinstanz Prozesskostenhilfe versagt.
Gründe
I. Das AG - FamG - Aschaffenburg hat mit Endurteil vom 14.9.2005 die Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt ab Oktober 2003 abgewiesen. Dagegen wollen die Kläger Berufung einlegen und ihre Klageanträge erster Instanz weiter verfolgen. Zur Begründung tragen sie vor, dass ihr Vater seiner Unterhaltsverpflichtung durch die Betreuung erfülle und er deshalb an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert sei.
Insoweit gelte auch bei der Ersatzhaftung gem. § 1607 BGB die Vorschrift des § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB. Im Übrigen habe er auch seine Einkünfte aus Vermietung und aus seiner selbständigen Tätigkeit als Musikproduzent für das Jahr 2002 im Schriftsatz vom 19.7.2005 dargelegt und für das Jahr 2003 einen Einkommensteuerbescheid vorgelegt, aus dem die Einkünfte zu ersehen seien. Ihr Vater habe auch im Hinblick auf die Betreuung der Kinder keine reale Chance, ein über seinen angemessenen Selbstbehalt hinausgehendes Einkommen zu erzielen. Das AG - FamG - Aschaffenburg habe seine Hinweispflicht verletzt und die erbetene Frist zur Stellungnahme zum Hinweis des Gerichts in der letzten mündlichen Verhandlung vom 10.8.2005 nicht bewilligt.
Der Beklagte weist darauf hin, dass die Kläger die Voraussetzungen des § 1607 BGB nicht ausreichend dargelegt hätten, da das Einkommen ihres Vaters trotzt entsprechenden Hinweises nicht konkret dargelegt worden sei.
II. Den Klägern kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil ihre beabsichtigte Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 114 ZPO. Nachdem sie in dem gleichzeitig mit dem Berufungsschriftsatz vom 19.10.2005 eingegangenem Schriftsatz vom 18.10.2005 ausdrücklich erklärt haben, dass es sich dabei lediglich um einen Entwurf der Berufungsbegründung handele und sie beabsichtigen würden, nach Entscheidung des Senats Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen, ist davon auszugehen, dass bislang Berufung noch nicht eingelegt ist und es sich entgegen dem Wortlaut des Schriftsatzes vom 19.10.2005 lediglich um einen Entwurf handelt.
Mit dem AG geht der Senat davon aus, dass der Vater der Kläger neben deren Betreuung zum Barunterhalt grundsätzlich verpflichtet ist. § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB regelt das Rangverhältnis zwischen den Eltern minderjähriger Kinder und hat keinen Einfluss auf die Ersatzhaftung dritter Personen. Die Ersatzhaftung gem. § 1607 BGB beginnt erst, wenn der angemessene Unterhaltsbedarf des barunterhaltspflichtigen Elternteils gefährdet wird (Palandt, BGB, 65. Aufl., § 1606 Rz. 19 m.w.N.; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 6. Aufl., § 2 Rz. 545).
Dass ihr Vater aufgrund seines tatsächlichen Einkommens oder aufgrund eines vom ihm erzielbaren Einkommens nicht in der Lage ist, den Klägern den von ihrer Mutter nicht gedeckten Barunterhaltsbedarf aufzubringen, haben die Kläger weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Entwurf ihrer Berufungsbegründung ausreichend dargelegt. Im Schriftsatz vom 19.7.2005 haben sie lediglich erklärt, dass ihr Vater im Jahr 2002 Einkünfte i.H.v. insgesamt 14.192 EUR gehabt habe und sich diese in den Jahren 2003 und 2004 nicht anders darstellten. Mit Schriftsatz vom 10.8.2005 haben Sie unter Vorlage eines Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2003 dargelegt, dass die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung 17.735 EUR und die aus Gewerbebetrieb einen Verlust von 4.199 EUR betragen haben. Sonstige Unterlagen zu den Einkommensverhältnissen ihres Vaters legen die Kläger auch jetzt nicht vor. Obwohl der Beklagte bereits in erster Instanz die von den Klägern behauptete Leistungsunfähigkeit ihres Vater bestritten hat und das AG ebenfalls im angefochtenen Endurteil vom 14.9.2005 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass ein ausreichender substantiierter Sachvortrag zur Frage der Leistungsfähigkeit des Vaters der Kläger nicht vorliegt, haben die Kläger auch jetzt die Einkommens- und Vermögensverhältnisse ihres Vaters nicht detailliert dargelegt. Dazu wäre erforderlich gewesen, die Einkünfte ihres Vaters aus Gewerbebetrieb durch Vorlage einer Gewinn- und Verlustrechnung für die Jahre 2002-2004 und einer vorläufigen Gewinnermittlung für das Jahr 2005 sowie entsprechende Aufstellungen über die Einnahmen und Ausgaben aus Vermietung und Verpachtung darzulegen. Nur dadurch kann vom Beklagten die Richtigkeit...