Leitsatz (amtlich)
Ist einem Architekten die Objektplanung im Sinne der Leistungsphasen 1-7 des § 15 HOAI und die künstlerische Oberleitung übertragen und weist dieser seinen Auftraggeber ausdrücklich darauf hin, dass er die thermischen Auswirkungen einer Glasdachkonstruktion nicht fachgerecht beurteilen könne, haftet nicht für thermische Mängel der Glasdachkonstruktion, wenn für die Ingenieurleistungen der thermischen Bauphysik ein Sonderfachmann beauftragt wird.
Normenkette
BGB a.F. § 635
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 13.06.2007; Aktenzeichen 1 O 681/02) |
Tenor
Die Berufungen der Beklagten zu 1) und 3) gegen das Grund- und Teilurteil des LG Braunschweig vom 13.6.2007 - 1 O 681/02 - werden zurückgewiesen.
Auf die Berufungen der Beklagten zu 2a)-e) und der Klägerin wird das Grund- und Teilurteil des LG Braunschweig vom 13.6.2007 - 1 O 681/02 - mit Ausnahme der bereits rechtskräftigen Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 4) - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage gegen die gesamtschuldnerisch haftenden Beklagten zu 1) und 3) ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Die Klage gegen die Beklagten zu 2a)-e) wird abgewiesen.
Soweit Teilurteil gegen die Beklagten zu 2a)-e) ergeht, trägt die Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2a)-e) in beiden Instanzen. Die Nebenintervenientin zu 2) trägt die erstinstanzlich durch ihre Nebenintervention gegen die Beklagten zu 2a)-e) verursachten Kosten selbst.
Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahren tragen die Klägerin und die Beklagten zu 1) und 3) jeweils 1/3.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im zweiten Rechtszug tragen die Beklagten zu 1) und 3) jeweils zu 1/3. Im Übrigen trägt die Klägerin ihre Kosten selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 3) sowie der Nebenintervenientin zu 1) im Berufungsverfahren tragen diese selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin zu 2) in zweiter Instanz tragen die Beklagten zu 1) und 3) jeweils zu 1/3, im Übrigen sie selbst.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits im Übrigen bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten zu 2a)-e) durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zu 2a)-e) vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Beklagten zu 1) und 3) können die Vollstreckung der Klägerin und der Nebenintervenientin zu 2) durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin und die Nebenintervenientin zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.423.260,45 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen Baumängeln am Dach ihres Kunstmuseums.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes sowie der Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 13.06.2007 (LGU S. 3-11, Bl. 1112-1120 d.A.) Bezug genommen.
Das LG hat, soweit dies für das Berufungsverfahren noch von Interesse ist, die Beklagten zu 2) und 3) in vollem Umfang, die Beklagte zu 1) dagegen lediglich mit einer Quote von 30 % dem Grunde nach zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Werkleistung der Beklagten zu 1) einen wesentlichen Mangel aufweise, der die Gebrauchsfunktion des Glasdaches erheblich beeinträchtige. Entgegen der vertraglichen Vereinbarung werde das Kondensat am Glasdach nicht gesichert abgeleitet, sondern tropfe auf den Fußboden. Die Verbauung unterhalb der Glasdachkonstruktion mit Aluminium-Ausblendgittern führe sowohl zu einer erheblichen Reduzierung des konvektiven Wärmeübergangs durch Luftzirkulation als auch des Wärmeübergangs durch Strahlungsaustausch. Dies ziehe ein ungesichertes Abtropfen von Kondensat nach sich. Die Beklagte zu 1) habe den Mangel verschuldet. Ihr sei die Art des Verbaus bekannt gewesen. Ggf. hätte sie im Rahmen ihrer Planungen Bedenken gegen die nicht ausreichende Klimatisierung oberhalb der Aluminium-Ausblendgitter anmelden müssen. Selbst bei Einhaltung der definierten Raumkonditionen wäre die Bildung von Tauwasser an der Glasdachpyramidenkonstruktion nicht vermieden worden. Das Aufbringen der Diffusionsfolie habe keinen nennenswerten Einfluss auf die Kondensatbildung. Die Beklagte zu 1) hafte aber nur mit einer Quote von 30 %, weil der Mangel auch auf einem der Klägerin zuzurechnenden Planungsfehler der Beklagten zu 2) beruhe.
Die Beklagten zu 2) haften nach Auffassung des LG dagegen in vollem Umfang, weil ihre Planung fehlerhaft sei. Die plangerechte Ausführung der Glasdachkonstruktion mit den von den Beklagten zu 2) hierfür entworfenen Lichtumlenkelementen (Aluminium-Ausblendgittern) habe zu einem Bauwerks...