Normenkette
BRAO § 43b; UWG § 3
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Aktenzeichen 9 O 641/01 (149) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Braunschweig vom 13.2.2002 unter Zurückweisung der Berufung i.Ü. teilweise abgeändert:
Der Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für rechtsanwaltliche Beratung wie folgt zu werben:
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soweit rechtsschutzversicherte Interessenten zur Angabe der Daten ihrer Rechtsschutzversicherung aufgefordert werden und mit Erteilung der Deckungszusage durch die Rechtsschutzversicherung ohne weiteres Tätigwerden des Interessenten eine Beratung erfolgt.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 3/4 und der Beklagte 1/4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Kläger sind mit 11.250 Euro und der Beklagte ist mit 3.750 Euro beschwert.
Gründe
Es ist gem. § 26 Nr. 5 EGZPO die ZPO in der neuen Fassung anzuwenden. Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf das angefochtene Urteil und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die zulässige Berufung der Kläger ist nur zum Teil begründet. Die angegriffene Werbung des Beklagten im Internet enthält keine gem. § 43b BRAO verbotene Werbung um die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall und war auch nicht deshalb irreführend, weil zunächst nur der Beklagte für zwei Rechtsgebiete genannt wurde. Es liegt jedoch darin eine Irreführung, dass der Interessent den Eindruck erhält, dass eine Anfrage lediglich zu einem unverbindlichen Kostenvoranschlag führt und erst auf weiteres Tätigwerden des Interessenten ein Beratungsmandat zustande kommt, was jedoch bei rechtsschutzversicherten Interessenten nicht der Fall ist.
Die Unterlassungsklage ist zulässig, denn entgegen der Ansicht des Beklagten sind die Kläger gem. § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG klagebefugt. Es besteht ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien, denn der Beklagte wendet sich im Internet bundesweit an potentielle Mandanten, so dass auch ein Konkurrenzverhältnis zu den in B. tätigen Klägern besteht. Auch wenn die Kläger tatsächlich, wie der Beklagte in erster Instanz behauptet hat, sehr viele Abmahnungen gegen im Internet auftretende Rechtsanwälte ausgesprochen haben, ergibt sich daraus nicht, dass die Geltendmachung der Ansprüche missbräuchlich wäre, zumal unstreitig ist, dass die Kläger ihre Abmahnungen nicht mit Gebührenforderungen verbinden.
Zwar wendet der BGH (BGH v. 6.4.2000, WRP 2000, 1269 [1271] – Missbräuchliche Mehrfachverfolgung – und GRUR 2001, 82 – Neu in Bielefeld I –) § 13 Abs. 5 UWG auch auf eine Verfolgung von Wettbewerbsverstößen durch Mitbewerber an, um auf diesem Wege Fälle auszuschließen, in denen die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, und zwar etwa auch weil das Vorgehen von einer unzulässigen Gebührenerzielungsabsicht getragen wird. Dazu ist aber stets erforderlich, dass dieses sachfremde Ziel das die Verfahrenseinleitung beherrschende Motiv ist und die wettbewerbsrechtlichen Absichten daneben nur zweitrangig sind. Insoweit gilt, dass der Umfang der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen als solcher regelmäßig noch nicht auf einen Missbrauch schließen lässt, für eine etwaige Indizwirkung also eher indifferent ist (OLG Köln v. 15.1.1993 – 6 U 147/92, OLGReport Köln 1993, 118 = MDR 1993, 634 = GRUR 1993, 571; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 13 UWG Rz. 47).
Dahin gehende Missbrauchsgesichtspunkte, dass etwa die Abmahntätigkeit der Kläger umfangreicher ist als ihre eigene Geschäftstätigkeit als Rechtsanwälte oder dass die durch Verfolgung von Wettbewerbsverstößen erzielten Einnahmen deutlich höher liegen als ihre Geschäftsumsätze (dazu Pastor/Ahrens/Jestaedt, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., Kap. 25 Rz. 14), ist nichts aufgezeigt. Bei welchem von mehreren zuständigen Gerichten die Kläger klagen, steht ihnen frei. Ein Missbrauch liegt insofern nicht vor.
Ein Anspruch auf Unterlassung des beanstandeten Internetauftritts gem. § 1 UWG wegen Verstoßes gegen § 43b BRAO besteht entgegen der Ansicht der Kläger nicht. Nach § 43b BRAO ist Werbung dem Rechtsanwalt erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall gerichtet ist. Bei dem str. Internetauftritt handelt es sich um Werbung. Das Sachlichkeitsgebot ist nicht verletzt. Es liegt auch keine gem. § 43b BRAO verbotene Mandatswerbung im Einzelfall vor.
Selbst bei Wahrung des Sachlichkeitsgebots hat der Gesetzgebe...