Verfahrensgang
LG Bremen (Beschluss vom 17.09.1975; Aktenzeichen 14 T 7/75) |
AG Bremen (Beschluss vom 20.03.1975) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Geschäftsführer der …, Bremerhaven, vom 3. Oktober 1975 werden die Beschlüsse des Landgerichts Bremen, 4. Kammer für Handelssachen, vom 17. September 1975 und des Amtsgerichts Bremen vom 20. März 1975 aufgehoben. Bas Amtsgeriofet Bremen wird angewiesen, die Eintragung der Abänderung des Gesellschaftsvertrages nicht aus den Gründen der aufgehobenen Beschlüsse abzulehnen.
Tatbestand
I. Die Stadtgemeinde Bremerhaven ist Alleingesellschafterin der … Diese wiederum ist Mehrheitsaktionärin der Stadtwerke Bremerhaven Aktiengesellschaft und der Verkehrsgesellschaft Bremerhaven Aktiengesellschaft. Zwischen ihr und diesen beiden Gesellschaften besteht jeweils ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Alle drei Gesellschaften zusammen beschäftigen mehr als 500 Arbeitnehmer, Gemäß § 2 des bislang gültigen Gesellschaftsvertrages ist Gegenstand des Unternehmens der BVV die Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme sowie der öffentliche Verkehr mit Omnibussen, Straßenbahnen und sonstigen öffentlichen Verkehrsmitteln sowie alle damit in Verbindung stehenden Geschäfte. Gemäß § 8 dieses Vertrages besteht der Aufsichtsrat aus 18 Mitgliedern, von denen 6 dem Magistrat und 6 der Stadtverordnetenversammlung angehören müssen. Die Vertreter der Arbeitnehmer werden nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes gewählt.
In einer Gesellschafterversammlung vom 4. April 1974 ist der Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der Bestimmungen über die Geschäftsführung und Vertretung sowie den Aufsichtsrat geändert worden. Die Bestimmung über Zusammensetzung und Amtsdauer des Aufsichtsrates (§ 8) soll nunmehr folgende Passung erhaltene
„Der Aufsichtsrat besteht aus 18 Mitgliedern, von denen 9 Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung bzw. dem Magistrat der Stadt Bremerhaven angehören müssen. 6 Vertreter der Arbeitnehmer werden nach den Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes direkt gewählt.
Die Gesellschafterversammlung wählt zusätzlich 3 weitere Vertreter der Arbeitnehmer, von denen 2 nicht dem Betrieb angehören dürfen. Die Gesellschafterversammlung hat dabei das Wahlergebnis einer Urwahl der Belegschaft nach Maßgabe des Betriebsverfassungsgesetzes zu berücksichtigen. Die nicht dem Betrieb angehörenden Vertreter der Arbeitnehmer werden von der Gewerkschaft ÖTV im Einvernehmen mit dem Betriebsrat der Belegschaft für die Urwahl vorgeschlagen,”
Über den Vorsitzenden des Aufsichtsrates und seinen Vertreter bestimmt die Satzung in der jetzt beschlossenen Passung, daß diese von den Mitgliedern des Aufsichtsrats aus ihrer Mitte mit einfacher Mehrheit gewählt werden. In § 9 der Satzung ist unter anderem vorgesehen, daß der Aufsichtsrat seine Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit faßt, soweit sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt. Für den Fall, daß sich im Wiederholungsfälle keine Mehrheit ergeben sollte, bestimmt die jetzt beschlossene Satzung:
„Ergibt sich wiederum keine Mehrheit, hat der Aufsichtsratsvorsitzende diese Angelegenheit der Stadtverordnetenversammlung als Vertreterin der Bürger Bremerhavens zur Beratung und Entscheidung vorzulegen. Die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung hat der Aufsichtsratsvorsitzende bei erneuter Beratung und Beschlußfassung im Aufsichtsrat zu vertreten und seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Bei Stimmengleichheit gibt er den Ausschlag.”
Das gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 FGG für die Entscheidung über die Anmeldung der Satzungsänderung bestellte Amtsgericht Bremen hat die Handelsregisteranmeldung der Beschwerdeführerin mit Beschluß vom 20. März 1975 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht folgendes ausgeführt:
Die BVV sei gemäß §§ 77, 77 a BetrVerfG 1952 aufsichtsratspfliehtig. Gemäß § 101 Abs. 1 in Verbindung mit § 96 AktG sowie §§ 76 und 77 BetrVerfG müßten die Mitglieder ihres Aufsichtsrates von der Gesellschafterversammlung ohne Bindung an Wahlvorschläge gewählt werden, soweit nicht Arbeitnehmervertreter nach dem Betriebsverfassungsgesetz zu wählen seien. Für eine aufsichtsratspflichtige GmbH sei § 101 Abs. 1 AktG zwingendes Recht. Dies folge bereits daraus, daß die Vorschriften der §§ 76 ff BetrVerfG an die Bestimmung des § 101 Abs. 1 AktG anknüpften und ihrerseits zwingendes Recht seien. Deshalb könne die aufsichtsratspflichtige GmbH die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern der Gesellschaft durch die Gesellschafterversammlung nicht weitergehend modifizieren als die Aktiengesellschaft. Aus der Verweisung auf § 76 BetrVerfG und nach dieser Vorschrift müsse der Aufsichtsrat zu 1/3 aus Vertretern der Arbeitnehmer bestehen, die gemäß den weiteren Bestimmungen des § 76 von den Arbeitnehmern zu wählen seien. Diese Regelung über die Beteiligung der Arbeitnehmer könne nicht durch Satzungsbestimmungen verändert werden. Die Mitbestimmung sei heute ein Kernproblem der Wirtschafts- und Arbeitsordnung und damit des gesellschaftl...