Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des ehebedingten Nachteils bei Bezug von Lohnersatzleistungen statt Erwerbseinkommen
Leitsatz (amtlich)
Ein fortwirkender ehebedingter Nachteil kann auch darin bestehen, dass der Unterhaltsberechtigte bei Bezug von Lohnersatzleistungen (hier: befristete Erwerbsunfähigkeitsrente, die wesentlich auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruht) nicht wie bei einem entsprechend hohen Erwerbseinkommen zugleich auch Altersversorgungsansprüche aufbauen kann. Die Bemessung eines solchen ehebedingten Nachteils kann an einem entsprechenden Altersvorsorgeunterhalt orientiert werden.
Normenkette
BGB § 1579 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Uelzen vom 27.11.2015 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Säumnisbeschluss des AG - Familiengericht - Uelzen vom 4.11.2014 wird aufrechterhalten.
Der Antragsteller trägt auch die weiteren Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller (§ 243 FamFG).
Gründe
I. Die im Juni 1989 geschlossene Ehe der Beteiligten, aus der zwei im April 1990 bzw. April 1993 geborene Söhne hervorgegangen sind, ist nach im Dezember 1999 erfolgter Trennung durch - seit dem 16.6.2001 rechtskräftiges - Urteil des AG - Familiengerichts - Uelzen vom 27.4.2001 geschieden worden.
Die beiden Söhne lebten nach der Trennung der Beteiligten im Haushalt der Antragsgegnerin, die sie allein betreute. Nach einem vor dem Senat am 28.5.2002 geschlossenen Vergleich hat der Antragsteller der Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 300 EUR zu leisten.
Im Jahr 2008 hatte der Antragsteller ein erstes Abänderungsverfahren eingeleitet, welches durch eine außergerichtliche Einigung der Beteiligten erledigt worden ist. Dabei hatten sich die Beteiligten auf eine vorübergehende Herabsetzung des zu leistenden Unterhaltsbetrages auf 175 EUR geeinigt und zwar befristet bis zur - im April 2011 eingetretenen - Volljährigkeit des Sohnes Y..
Nach vergeblicher Aufforderung zu einem entsprechenden außergerichtlichen Verzicht auf den in voller titulierter Höhe wiederaufgelebten Unterhaltsanspruch insgesamt hat der Antragsgegner das vorliegende Verfahren eingeleitet. Darin hat er in Abänderung des Vergleiches einen Wegfall seiner Verpflichtung durch Befristung des Unterhalts bis zum 31.7.2015 begehrt. Zwar ergebe sich nach fortgeschriebenen ehelichen Lebensverhältnissen weiterhin rechnerisch ein Unterhaltsanspruch in der titulierten Höhe; aufgrund des Fehlens ehebedingter Nachteile seitens der Antragsgegnerin sei ihr Unterhaltsanspruch aber gemäß § 1578b BGB entsprechend zu befristen.
Die Antragsgegnerin ist dem unter ausführlichem tatsächlichen wie rechtlichen Vortrag entgegengetreten; sie hält das Abänderungsbegehren bereits für unzulässig und durch das nicht weiter verfolgte entsprechende Verfahren 2008 für präkludiert. Zugleich beruft sie sich auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile.
Der diesbezüglichen Auseinandersetzung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Antragsgegnerin hatte rund zwei Jahre vor Eheschließung eine Ausbildung zur Arzthelferin begonnen. Dieses Ausbildungsverhältnis wurde arbeitgeberseitig während der Probezeit aufgrund einer ersten rheumatischen Erkrankung der Antragsgegnerin nach einer früheren Yersinien-Infektion gekündigt. Nach entsprechender medikamentöser Einstellung kam es bis und unmittelbar nach der Eheschließung nicht zu einem erneuten Ausbildungsvertrag. In der Ehe konzentrierte sich die Antragsgegnerin neben zeitweiligen geringfügigen Tätigkeiten auf die Haushaltsführung sowie die Betreuung der gemeinsamen Kinder. Nach der Ehe absolvierte die Antragsgegnerin bis Juni 2003 erfolgreich eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation, ohne in diesem Bereich in der Folgezeit eine berufliche Stellung begründen zu können. Seit 2004 bezieht sie - zuletzt mit Bescheid vom 24.2.2015 unter Befristung bis zum 28.2.2017 in Höhe von rund 850 EUR - durchgängig eine jeweils befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, die allerdings "nicht ausschließlich auf ihrem Gesundheitszustand, sondern auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruht". Daneben übt sie eine geringfügige Tätigkeit aus, aus der sie bereinigt durchschnittlich rund 375 EUR erzielt. Sie hat mit einem aus ihrer Familie erhaltenen Erbe sowie unter ergänzender Fremdfinanzierung Wohneigentum erworben, das unter Berücksichtigung zu leistender Zinszahlungen zu einem verbleibenden Wohnvorteil führt.
Im erstinstanzlichen Verfahren sind nacheinander zwei Säumnisbeschlüsse ergangen, für die jeweils die gesetzlichen Vorlagen erfüllt waren. Nachdem zunächst mit Säumnisbeschluss vom 28.2.2012 dem Abänderungsbegehren uneingeschränkt entsprochen worden war, wurde auf form- und fristgerechten Einspruch der Antrag...