Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitige Ausweitung der aufgrund Vereinbarung erstinstanzlich erfolgten Beteiligung des nichtehelichen Kindesvaters an der elterlichen Sorge im Beschwerdeverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Bis zu einer Regelung des Verfahrens durch den Gesetzgeber können auf Antrag des bislang nicht an der elterlichen Sorge beteiligten nichtehelichen Kindesvaters auch lediglich Teile der elterlichen Sorge auf beide Elternteile gemeinsam übertragen werden, wenn die Kindeseltern eine dahingehende Vereinbarung geschlossen haben.
2. Eine Vereinbarung der Eltern, die Grundlage einer derartigen gerichtlichen Entscheidung über die elterliche Sorge geworden ist, ist einer "Aufkündigung" oder "Anfechtung" nicht zugänglich.
3. Eine Änderung der auf Grundlage einer einvernehmlichen Erklärung der Eltern getroffenen gerichtlichen Entscheidung kommt nur unter den Voraussetzungen des § 1696 BGB in Betracht; dies gilt insbesondere auch, wenn von Seiten des Kindesvaters erstmals eine über die Vereinbarung hinausgehende Beteiligung an weiteren Teilen der elterlichen Sorge in Form einer gegen die erstinstanzliche Entscheidung gerichteten Beschwerde geltend gemacht wird.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 1, § 1696
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 10.09.2010; Aktenzeichen 608 F 3827/10) |
Tenor
1. Der Antragsgegnerin wird die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenkostenhilfe versagt.
2. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 10.9.2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: 3.000 EUR
Gründe
I. Die weiteren Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern des betroffenen Kindes O., das seit seiner Geburt ausschließlich in der Obhut der Kindesmutter lebt. Die Kindeseltern waren und sind nicht miteinander verheiratet und haben keine Sorgerechtserklärung abgegeben, so dass die elterliche Sorge bislang allein durch die Kindesmutter ausgeübt wurde. O. hat auch zu dem Kindesvater auf der Grundlage intensiver Umgangskontakte ein enges Verhältnis; in der Vergangenheit ist es allerdings auch wiederholt zu gerichtlichen Verfahren zwischen den Kindeseltern gekommen.
Im vorliegenden, am 5.8.2010 eingeleiteten Verfahren hat der Kindesvater unter Berufung auf die Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 seine Beteiligung an der elterlichen Sorge begehrt. In einem alsbald unter Beteiligung auch des Jugendamtes durchgeführten Anhörungstermin vom 10.9.2010 haben die - jeweils anwaltlich vertretenen - Kindeseltern nach ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage eine Vereinbarung geschlossen; danach soll das Aufenthaltsbestimmungsrecht weiterhin allein von der Kindesmutter ausgeübt werden, während sie die elterliche Sorge im Übrigen gemeinsam ausüben wollen. Ein darüber hinausgehendes Begehren ist vom Kindesvater nicht geltend gemacht worden.
Mit noch im Anhörungstermin verkündetem Beschluss hat das AG entsprechend der Vereinbarung der Kindeseltern in entsprechender Anwendung des § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB unter Belassung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für O. allein bei der Kindesmutter die elterliche Sorge im Übrigen auf beide Elternteile zur gemeinsamen Ausübung übertragen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Antragsteller, mit der er unter "Aufkündigung" der Elternvereinbarung vom 10.9.2010 die "Aufhebung" des amtsgerichtlichen Beschlusses und die Übertragung der gesamten elterlichen Sorge einschließlich des Aufenthaltsbestimmungsrechtes auf beide Elternteile gemeinsam erstrebt.
Zur Begründung macht er geltend, von seinem damaligen Verfahrensbevollmächtigten dahin beraten worden zu sein, dass die mit der Kindesmutter getroffene Vereinbarung der Sorgeregelung für eheliche Kinder aus einer geschiedenen Ehe entsprechen würde; er habe erst später erfahren, dass auch eine Beteiligung an dem in der Vereinbarung ausgenommenen Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht ausgeschlossen sei, so dass die Vereinbarung ausdrücklich "widerrufen und angefochten" werde. Zwar gehe es ihm nicht darum, den Lebensmittelpunkt von O. bei der Kindesmutter in Hannover in Frage stellen zu wollen, die zwischen den Kindeseltern bereits getroffenen Vereinbarungen über den Besuch O. in einer konkreten Kindertagesstätte sowie den zukünftigen Besuch einer konkreten Grundschule könne ohne seine Beteiligung auch am Aufenthaltsbestimmungsrecht "unschwer dadurch unterlaufen werden ..., dass der Aufenthalt durch die Kindesmutter einseitig und ohne Absprache mit dem Kindesvater verändert werden könnte".
Nach Hinweis des Senates auf bestehende Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der - allein auf den erstinstanzlich vom Kindesvater gar nicht erstrebten Gegenstand "Aufenthaltsbestimmungsrecht" gerichteten - Beschwerde hat der Antragsteller ergänzend vorgetragen.
Der Senat hat der Kindesmutter Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, ob sie ihre Zustimmung auch auf die vom Kindesvater weitergehend erstrebte Beteiligu...