Leitsatz (amtlich)
Eine unmittelbare Fortführung des Betriebs durch den Erwerber selbst ist auch dann im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GNotKG beabsichtigt, wenn der Hof in eine GbR eingebracht ist, deren Mitgesellschafter der Erwerber ist, und der Erwerber den Betrieb selbst in Arbeitsteilung mit den weiteren Gesellschaftern gemeinschaftlich bewirtschaftet.
Verfahrensgang
AG Sulingen (Beschluss vom 29.09.2023; Aktenzeichen 22 Lw 60/23) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird die Festsetzung des Geschäftswerts mit Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Rotenburg (Wümme) vom 29. September 2023 geändert.
Der Geschäftswert wird auf 187.540 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 war Alleineigentümer landwirtschaftlicher Grundstücke mit Hofstelle, die er mit notariellem Hofübergabevertrag vom 30. Juni 2023 an den Beteiligten zu 2, seinen Sohn, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertrug. Der Einheitswert des landwirtschaftlichen Grundbesitzes beträgt 46.885 EUR (91.700 DM). Der Hof ist eingebracht in die H. GbR. Gesellschafter der GbR waren die Beteiligten zu 1 und 2 sowie zwei weitere Landwirte. Für die Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag verwiesen. Mit dem notariellen Vertrag vom 30. Juni 2023 übertrug der Beteiligte zu 1 auch seinen Gesellschaftsanteil an den Beteiligten zu 2.
Nachdem das Landwirtschaftsgericht mit Beschluss vom 29. September 2023 den Hofübergabevertrag genehmigt und dem Beteiligten zu 2 die Kosten auferlegt hatte, hat es mit Beschluss vom 29. September 2023 den Geschäftswert auf den Verkehrswert des landwirtschaftlichen Grundbesitzes in Höhe von 3.612.224,90 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2, mit der dieser die Herabsetzung des Geschäftswerts unter Anwendung des landwirtschaftlichen Kostenprivilegs anstrebt. Das Landwirtschaftsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Der Senat entscheidet - gemäß § 81 Abs. 6 Satz 3, § 83 Abs. 1 Satz 5 GNotKG ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter - in der Besetzung gemäß § 2 Abs. 2 LwVG.
III. Die nach § 83 Abs. 1 Satz 1 GNotKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet. Der Geschäftswert für das Verfahren zur Genehmigung des Hofübergabevertrages (§§ 16, 17 HöfeO) ist gemäß § 48 Abs. 1, 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 60 Abs. 1 GNotKG auf den vierfachen Einheitswert festzusetzen.
1. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GNotKG beträgt der Wert des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im Sinne des Bewertungsgesetzes im Zusammenhang mit der Übergabe oder Zuwendung eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs mit Hofstelle an eine oder mehrere natürliche Personen höchstens das Vierfache des letzten Einheitswerts, der zur Zeit der Fälligkeit der Gebühr bereits festgestellt ist, wenn die unmittelbare Fortführung des Betriebs durch den Erwerber selbst beabsichtigt ist und der Betrieb unmittelbar nach Vollzug der Übergabe oder Zuwendung einen nicht nur unwesentlichen Teil der Existenzgrundlage des zukünftigen Inhabers bildet. Nach § 48 Abs. 3 Nr. 1 GNotKG sind die Absätze 1 und 2 entsprechend anzuwenden, wenn es um die Bewertung eines Hofs im Sinne der Höfeordnung geht.
2. Diese Voraussetzungen liegen vor. Eine unmittelbare Fortführung des Betriebs durch den Erwerber selbst ist auch dann im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GNotKG beabsichtigt, wenn der Hof in eine GbR eingebracht ist, deren Mitgesellschafter der Erwerber ist, und der Erwerber den Betrieb selbst in Arbeitsteilung mit den weiteren Gesellschaftern gemeinschaftlich bewirtschaftet.
a) Die Kostenprivilegierung setzt nach dem Wortlaut von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GNotKG unter anderem voraus, dass die unmittelbare Fortführung des Betriebs durch den Erwerber selbst beabsichtigt ist. Nach der Gesetzesbegründung ist das der Fall, wenn der Erwerber dem bisherigen Eigentümer unmittelbar als Bewirtschafter nachfolgt. Diese Voraussetzung ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht erfüllt, wenn der Betrieb für eine Übergangszeit an einen Dritten verpachtet wird oder ein Betrieb betroffen ist, der im Zeitpunkt der Vornahme des Geschäfts nicht von dem Eigentümer bewirtschaftet wird, sondern beispielsweise überwiegend verpachtet ist, brachliegt oder anderweitig genutzt wird (vgl. BT-Drs. 17/11471, 169). Der Anwendung des Bewertungsprivilegs steht eine Verpachtung des übergebenen land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs durch den Erwerber aber jedenfalls dann nicht entgegen, wenn das Pachtverhältnis mit einem nahen Familienangehörigen begründet wird und der Erwerber den Betrieb mit dem Pächter in Arbeitsteilung gemeinschaftlich bewirtschaftet (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2024 - V ZB 65/22, NJW 2024, 1423 Rn. 9).
b) Nach diesen Grundsätzen unterfällt die fortgesetzte Bewirtschaftung des in eine GbR eingebrachten Hofes durch den Übernehmer, der den Hof nach der Übernahm...