Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtschau von Indizien bei gestelltem Unfall
Verfahrensgang
AG Hannover (Urteil vom 17.10.2003; Aktenzeichen 538 C 17977/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.10.2003 verkündete Urteil des AG Hannover - Abt. 538 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschl. derjenigen der Streithilfe.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wert der Beschwer: 4.168,56 Euro.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg und führt zur Abweisung der Klage.
Dem Kläger steht aus dem behaupteten Verkehrsunfall in der T.-Straße in H. vom 7.10.2002 kein Schadensersatzanspruch gem. §§ 823 BGB, 7, 18 StVG, 3 PflVG ggü. den Beklagten zu. Im Gegensatz zur Auffassung des AG spricht der Anscheinsbeweis für einen gestellten Unfall. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen sind nach ständiger Rechtsprechung dann gegeben, wenn die vorliegenden Indizien in ihrer Gesamtschau nach der Lebenserfahrung den Schluss rechtfertigen, dass der Unfall auf einer Verabredung beruht und der Geschädigte mit der Herbeiführung des Schadens an seinem Fahrzeug einverstanden war (vgl. zuletzt OLG Celle, Urt. v. 15.1.2004 - 14 U 144/03, OLGReport Celle 2004, 175 [177] m.w.N. der Rspr.).
So liegt der Fall hier. Die Unfallkonstellation ist für einen manipulierten Unfall typisch. Auch wenn der Beklagte zu 2) angegeben hat, dass er mit seinem Fahrzeug gegen die linke Seite des ordnungsgemäß geparkten Pkw Audi A 8 des Klägers infolge eines Ausweichmanövers geraten sei, weil ihm ein Pkw entgegen gekommen sei, so ändert dies doch nichts an seiner Verantwortlichkeit für die Unfallfolgen, während eine Mithaftung des Klägers von vornherein ausschied.
Auch der behauptete Hergang des Unfallgeschehens erscheint wenig plausibel. Wie das von der Beklagten zu 1) in Auftrag gegebene Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. B. vom 6.3.2003 (Bl. 56 f.) festgestellt hat, hätte eine geringfügige Lenkbewegung nach links durch den Beklagten zu 2) ausgereicht, um die Streifkollision zwischen den Fahrzeugen zu vermeiden oder jedenfalls abzubrechen. Das im Rahmen des Ermittlungsverfahrens 2333 Js 15217/03 Staatsanwaltschaft Hannover eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. G. vom 10.10.2003 (Fallakte 1 Bl. 135, 151) ist ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass der vom Beklagten zu 2) geführte Pkw VW Golf bei Zugrundelegung seiner - des Beklagten zu 2) - Fahrweise während der Streifkollision zum Stillstand hätte kommen müssen. Im Übrigen stellt sich die Frage, warum der Beklagte zu 2) den Unfall nicht gänzlich angesichts der Tatsache hat vermeiden können, dass es ihm zeitlich möglich war, nicht nur den Typ und die Farbe des entgegen kommenden Fahrzeugs festzustellen, sondern vor allem auch dessen Kennzeichen abzulesen und sich zu merken.
Bei dem geschädigten Fahrzeug handelte es sich um ein älteres Modell der automobilen Oberklasse, nämlich einen 1992 erstzugelassenen Pkw Audi A 8 mit einer Laufleistung von 128.000 km zum Unfallzeitpunkt. Dieses Fahrzeug war nach dem Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. B. sehr schwer verkäuflich, auch wenn es noch einen gewissen Wert darstellte. Auf der auch bei diesem (angeblichen) Unfall beschädigten linken Seite wies der Audi A 8 danach außerdem einen nicht ordnungsgemäß reparierten Vorschaden auf. Dieser Zustand des Pkw des Klägers spricht ebenso für einen manipulierten Unfall wie die Tatsache, dass es sich bei dem vom Beklagten zu 2) geführten Pkw VW Golf um einen Mietwagen handelte. Dabei ist es rechtlich unerheblich, dass der Beklagte zu 2) mit dem Wagen nicht als Mieter, sondern als Angestellter einer Niederlassung der A. Autovermietung unterwegs war.
Das Verhalten des Klägers nach dem Unfall stellt ebenfalls ein Indiz für eine fingierte Kollision dar. So hat er - letztlich grundlos - eine Nachbesichtigung seines Fahrzeugs durch den von der Beklagten zu 1) beauftragten Sachverständigen verweigert. Ein Unfallbeteiligter, der ein "gutes Gewissen" hat "hätte gegen eine Nachbesichtigung sicherlich nichts einzuwenden gehabt. Allerdings scheint dem Senat dieses Verhalten des Klägers in Einklang mit dem (negativen) Eindruck zu stehen, den er sich selbst im Termin vom 20.4.2004 vom Kläger gemacht hat.
Des Weiteren spricht ganz maßgeblich für einen gestellten Verkehrsunfall, dass sich die Schäden an beiden Fahrzeugen in ihrer Gesamtheit nicht dem Unfallgeschehen zuordnen lassen. Wie der Sachverständige G. in seinem Gutachten vom 10.10.2003 festgestellt hat, existieren an beiden Fahrzeugen Schäden, die mit dem jeweiligen Unfallgegner nicht in Einklang zu bringen sind. Dies bedeutet gleichzeitig, dass dem Kläger wegen der Folgen der hier zu beurteilenden Kollision selbst dann kein Schadensersatzanspruch ggü. den Beklagten zustünde, wenn vorliegend nicht von einem manipulierten Unfall auszugehen wäre. Denn angesichts der sachverständigen Feststellungen lässt sich nicht ausschließen, dass auch die kompatiblen...