Leitsatz (amtlich)
1. Weder die vermeintliche Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung noch angebliche Widersprüche innerhalb der Entscheidungsgründe können mit einer Gehörsrüge angegriffen werden.
2. Dass das Gericht verpflichtet ist, das Vorbringen der Partei zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, bedeutet nicht, dass es auch verpflichtet wäre, sich ausdrücklich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen zu befassen.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Aktenzeichen 02 O 2619/16) |
Tenor
Die Anhörungsrüge der Beklagten gegen das Urteil des Senates vom 10.11.2020 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Senat hat mit Urteil vom 10.11.2020 die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichtes vom 27.07.2020 zurückgewiesen und der Berufung der Klägerin stattgegeben. Gegen das der Beklagten am 30.11.2020 zugestellte Urteil hat sie mit am 14.12.2020 eingegangenem Schriftsatz Anhörungsrüge erhoben und diese begründet.
II. Nach § 321 a Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Verfahren auf Rüge der durch eine unanfechtbare Entscheidung beschwerten Partei nur dann fortzuführen, wenn geltend gemacht wird, dass das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die fristgemäß (§ 321 a Abs. 2 ZPO) eingelegte und begründete Anhörungsrüge der Beklagten ist gemäß § 321 a Abs. 1 Satz 1, Absatz 4 Satz 2 ZPO statthaft. Der Vorwurf, der Senat habe in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entscheidungserheblichen Vortrag der Beklagten übergangen, ist indes nicht begründet.
Ob eine Gehörsverletzung vorliegt, bestimmt sich grundsätzlich nach denselben Maßstäben wie der verfassungsrechtliche Begriff des Artikels 103 Abs. 1 GG, der sich in einem Mindestschutz erschöpft. Die vermeintliche Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung wird daher ebenso wenig erfasst wie die behauptete Verletzung anderer Verfahrensgrundsätze (vgl. Senat, Beschluss vom 15. April 2020 - 4 U 1676/19 -, Rn. 20 - 32, juris; Beschl. v. 03.04.2020, Az 4 U 2478/19, Beschl. v. 09.01.2019, Az 4 U 1197/18; Beschl. v. 12.02.2015, Az. 4 U 861/14; OLG Dresden, Beschl. v. 15.10.2012, Az. 1 W 697/12; Beschl. v. 21.02.2013, 1 W 419/12 jeweils m.w.N.).
1. Die von der Beklagten mit den Ausführungen unter I.1. a), b), c), 2. a) und 4. gerügte vermeintliche Fehlerhaftigkeit des Urteils wegen einer von den Entscheidungsgründen unter Ziffer 2 c) und d) (Seiten 6, 7, 8, 9, 10 des Urteils) abweichenden Beweiswürdigung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen vermögen daher keine Gehörsverletzung zu begründen.
2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und dem Gericht die eigene Auffassung zu den erheblichen Rechtsfragen darzulegen. Das Gericht ist verpflichtet, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (so BGH, Beschluss vom 16.09.2008 - X ZB 28/07- zitiert nach juris). Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass sich das Gericht mit jedem Vorbringen einer Partei in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen hat (BGH, Beschluss vom 16.09.2008 - X ZB 28/07 - juris).
Eine nach § 321a ZPO rügefähige Gehörsverletzung liegt allerdings vor, wenn das Gericht vor oder bei seiner Entscheidung Vortrag der Partei versehentlich nicht zur Kenntnis nimmt oder das Vorbringen einer Partei nicht erfasst oder grob missversteht (Senat, Beschlüsse vom 09. 01.2019 - 4 U 1197/18 -, juris; vom 25.1.2013 - 4 U 1131/12; vom 26.8.2011, 4 U 188/11; vom 19.2.2009, 4 U 1591/08, vom 27.8.2007, 4 U 1361/06 n.v).
a) Zu Unrecht macht die Anhörungsrüge jedoch geltend, der Senat habe das Klagebegehren in Ziffer I.1. a) des Tenors fehlerhaft ausgelegt. Ihr Vorbringen verkennt, dass der Senat sich mit der Auslegung des Klageantrags unter 2. c) bb) (Entscheidungsgründe S. 7, mittlerer Absatz) auseinandersetzt, freilich ohne der von der Beklagten vorgenommenen Auslegung zu folgen. Zudem wird auf die Ausführungen in dem Urteil unter A) 1. (am Ende) verwiesen. Unzutreffend ist auch die Behauptung, die Entscheidung sei perplex, da sich aus den Urteilsgründen unter Ziffer I.2. ergeben würde, die Beklagte solle "der Beauftragung des (vollständigen) Rückbaus des Schornsteins gemäß den Feststellungen des Zeugen P... zustimmen". Eine solche Zustimmungsverpflichtung lässt sich den Ausführungen des Senats, der die Rückbauverpflichtung hinsichtlich des Schornsteins auf den von der Klägerin beantragten Dach- und Giebelwandbereich beschränkt, nicht entnehmen, abgesehen davon, dass die Beklagte bereits die Ausführungen des Dipl. Ing. P... hierzu unzutreffend würdigt.
b) Auch die Ausführungen der Beklagten unter Ziffer I. 3. und 5., mit denen sie eine unvollständige Erledigung des Beweisbeschlusses durch den Sachverständigen rügt, begründen keine Gehörsverletzung. Die Kosten einer - nur im Bereich des gartenseitigen Giebels und auch nur bedingt möglichen - Sicherungskonstruktion als Sonde...