Verfahrensgang
AG Pirna (Beschluss vom 17.05.2016; Aktenzeichen 32 F 605/15) |
Tenor
1. Die Verfahren 18 WF 985/16 und 18 WF 986/16 werden zur gemeinsamen Entscheidung miteinander verbunden, das Verfahren 18 WF 985/16 führt.
2. Auf die Beschwerden der Mutter, R. F., werden die Beschlüsse des AG Familiengericht - Pirna vom 17.05.2016 abgeändert. Die Besorgnis der Beschwerdeführerin, Richter am AG. sei befangen, wird für begründet erklärt.
3. Der Mutter wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt und zur Vertretung Rechtsanwalt Dr. A. V., E., beigeordnet.
Gründe
I. In dem seit August 2015 anhängigen Sorgerechtsverfahren bestimmte das Familiengericht mit gerichtlicher Verfügung vom 23.03.2016 einen Termin zur Anhörung der Beteiligten auf Mittwoch, den 27.04.2016.
Mit Schreiben vom 05.04.2016, eingegangen bei Gericht am 08.04.2016, beantragte der beteiligte Vater, R. S., wegen einer im Zeitraum vom 18. bis 29.04.2016 schon länger geplanten Fortbildungsveranstaltung die Verlegung des Termins. Ebenfalls am 08.04.2016 ging beim Familiengericht ein Terminsverlegungsantrag der Verfahrensbevollmächtigten des Vaters ein, der damit begründet war, dass sich die bearbeitende Rechtsanwältin in der Zeit vom 18. bis 29.04.2015 (gemeint war wohl 2016) im Urlaub befinde und nicht von einer Kollegin der Kanzlei vertreten werden könne, da sie alleinige Sachbearbeiterin in familienrechtlichen Dingen sei.
Mit Verfügung vom gleichen Tag (08.04.2016) verlegte der zuständige Richter wegen Verhinderung der Verfahrensbevollmächtigen des Vaters den Anhörungstermin vom 27.04.2016 auf den 18.05.2016.
Mit Schriftsatz vom 18.04.2016 beantragte nunmehr der Verfahrensbevollmächtigte der Mutter, den für den 18.05.2016 bestimmten Termin zu verlegen. Er befinde sich vom 17.05.2016 bis einschließlich 27.05.2016 in seinem Jahresurlaub und sei verreist. Vorsorglich teilte er mehrere Termine mit, an denen er verhindert sei und keinen Termin beim AG Pirna wahrnehmen könne.
Am 20.04.2016 wies der Familienrichter den Terminsverlegungsantrag des Verfahrensbevollmächtigten der Mutter unter Hinweis auf § 53 Abs. 1 BRAO zurück.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 25.04.2016, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, hat die Mutter den Richter am AG. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil er dem Terminsverlegungsantrag der Verfahrensbevollmächtigten des Vaters vom 07.04.2016 entsprochen, dem Terminsverlegungsantrag ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18.04.2016 hingegen unter Hinweis auf § 53 Abs. 1 BRAO zurückgewiesen habe.
In seiner dienstlichen Stellungnahme vom 27.04.2016, auf die Bezug genommen wird, erklärt der abgelehnte Richter, die Verfahrensbevollmächtigte des Vaters habe mit ihrem Terminsverlegungsantrag gleichzeitig mitgeteilt, dass auch die Vertreterin in der Kanzlei den Vater nicht vertreten könne. Einen solchen Hinweis auf die Verhinderung des Vertreters habe der Terminsverlegungsantrag des Verfahrensbevollmächtigten der Mutter nicht enthalten.
Am 27.04.2016 ging ein weiteres Ablehnungsgesuch der Mutter beim Familiengericht ein. Zur Begründung führt sie aus, der abgelehnte Richter ... habe ihr mit Beschluss vom 20.04.2016 Rechtsanwalt Dr. A. V. im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe zur Vertretung beigeordnet, obwohl er gewusst habe, dass Rechtsanwalt Dr. V. den Termin beim AG Pirna am 18.05.2016 nicht wahrnehmen könne und dessen Terminsverlegungsantrag ebenfalls mit Beschluss vom 20.04.2016 zurückgewiesen worden sei.
Mit zwei Beschlüssen vom 17.05.2016 erklärte das Familiengericht die Ablehungsgesuche der Mutter vom 25.04.2016 und 27.04.2016 für unbegründet.
Gegen beide Beschlüsse hat die Mutter Beschwerde eingelegt. Sie erklärt, von dem Terminsverlegungsantrag des Vaters vom 05.04.2016 erstmals aus dem Beschluss des Familiengerichts vom 17.05.2016 erfahren zu haben. Das Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten des Vaters vom 09.05.2016 sei ihrem Verfahrensbevollmächtigten erst mit den angefochtenen Beschlüssen am 06.06.2016 zugegangen. Auch diese Versäumnisse stützten die Besorgnis der Befangenheit des Richters.
Das Familiengericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.
Mit Schriftsatz vom 21.09.2016 hat die Mutter ihre Beschwerden begründet und dabei im Wesentlichen ihr Vorbringen in den Ablehnungsgesuchen wiederholt. Am 03.11.2016 hat sie für das Beschwerdeverfahren um Verfahrenskostenhilfe nachgesucht.
II. Die Beschwerden sind gemäß § 6 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 46 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.05.2016, mit dem das Ablehnungsgesuch vom 25.04.2016 für unbegründet erklärt wurde, hat in der Sache Erfolg. Die mit dem Ablehnungsgesuch vom 27.04.2016 vorgetragenen Umstände begründen hingegen keine Ablehnung des entscheidenden Richters.
Ein Richter kann gemäß § 42 Abs. 2 ZPO wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn sein Verhalten dem Ablehnenden einen vernünftigen Grund zu der Annahme gibt, der Richter ...