Verfahrensgang
LG Zwickau (Aktenzeichen 5 O 349/21) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Zwickau vom 28.03.2023 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil des Landgerichts und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 2.826 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen eines aus Klägersicht abgasmanipulierten PKW.
Der Kläger erwarb am 23.12.2017 von einem Autohaus einen gebrauchten PKW VW Passat Variant 2.0 l TDI mit einem Kilometerstand von 94.500 km für 18.840 EUR. Das am 12.01.2015 zuerst zugelassene Fahrzeug wird mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor EA 288 betrieben, welcher in die Abgasnorm Euro 6 eingestuft ist. Das Fahrzeug enthält neben der innermotorischen Maßnahme der Abgasrückführung (AGR) ein Abgasnachbehandlungssystem in Form eines NOx-Speicherkatalysators (NSK). Die Steuerungssoftware verfügt zudem eine sog. Fahrkurve und ein sog. Thermofenster.
Das Kraftfahrtbundesamt hat u.a. Fahrzeuge mit Motoren der Baureihe EA 288 überprüft und bereits im Jahre 2016 festgestellt, dass dort keine aus seiner Sicht unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz kommt. Auch bei Deaktivierung der Fahrkurve würden die Grenzwerte eingehalten. Ein amtlicher Rückruf des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps erfolgte nicht.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe in dem Fahrzeug unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut und ihn hierdurch, auch sittenwidrig, geschädigt. Er behauptet, das Thermofenster führe dazu, dass die Abgasreinigung für den Großteil des Jahres aussetze, indem sie lediglich bei Temperaturen zwischen 20 °C und 30 °C optimal funktioniere; ab einer Außentemperatur von unter 17 °C und über 30 °C schalte sich das Thermofenster regelmäßig ganz ab.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Die Klage hat das Landgericht mit Urteil vom 28.03.2023, das der Klägerseite am 11.04.2023 zugestellt wurde und auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Ein sittenwidriges Verhalten sei nicht dargelegt. Dass Grenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden, führe zu keiner anderen Bewertung und sei nicht ungewöhnlich. Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV fehle es unabhängig von der Frage des Schutzgesetzcharakters an einem auf eine Schutzgesetzverletzung bezogenen Verschulden.
Hiergegen richtet sich die bei dem Oberlandesgericht am 11.05.2023 eingegangene und innerhalb der verlängerten Frist am 10.07.2023 mit einer Begründung versehene Berufung des Klägers. Er begehre den sog. kleinen Schadensersatz, also Ersatz des Minderwerts in Höhe von mindestens 15 % des (Brutto-)Kaufpreises. In dem streitgegenständlichen Fahrzeug sei zum Kaufzeitpunkt eine unzulässige Abschalteinrichtung in Gestalt einer sog. Umschaltlogik mittels Fahrkurvenerkennung vorhanden gewesen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils wie folgt zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Entschädigungsbetrag bezüglich des Fahrzeugs der Marke VW mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch mindestens EUR 2.826,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit betragen muss.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei für alle künftige Schäden, die aus einem Verstoß gegen §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV i. V. m. Art. 18 der Richtlinie 2007/46/EG Art resultieren und das Fahrzeug der Marke VW mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) ... betreffen, Schadensersatz zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 1.680,28 freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beruft sich u.a. auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum. Sämtlicher Vortrag der Klagepartei zum SCR-Katalysator gehe ins Leere. Ferner sei der Klagepartei bereits kein Schaden entstanden, denn Restwert des Fahrzeugs sowie der Nutzungsersatz überstiegen zusammen den Kaufpreis um 6.246,32 EUR. Der Feststellungsantrag sei aufgrund fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Vertragliche Ansprüche kommen mangels vertraglicher Beziehungen der Parteien von vornherein nicht in Betracht.
2. Ein deliktischer Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich nicht aus §§ 826, 31 BGB. Es fehlt an einer sittenwidrigen Schädigung. Der Kläger, der für das Inverkehrbringen einer unzulässigen Abschalteinric...