Leitsatz (amtlich)
Der Reiseveranstalter haftet bei Stornierung der Reise seinem Kunden im Wege des Schadenersatzes auf Rückerstattung des Reisepreises, den der Kunde an vom Reiseveranstalter gem. § 651k Abs. 4 Satz 2 BGB mit der Vermittlung der Reise eingebundenen Reisevermittler gezahlt und den dieser veruntreut hat.
Verfahrensgang
LG Leipzig (Urteil vom 07.11.2013; Aktenzeichen 04 O 990/13) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten zu 2) gegen das Schlussurteil des LG Leipzig vom 7.11.2013 - 4 O 990/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Dieses Urteil und das Urteil des LG Leipzig vom 7.11.2013 - 4 O 990/13 - sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger begehren von den Beklagten die Rückzahlung geleisteter Vorschüsse für Urlaubsreisen nach Griechenland und Mexico.
Die - insoweit mit Versäumnis-Teilurteil vom 27.5.2013 rechtskräftig verurteilte - Beklagte zu 1) betrieb ein Reisebüro. Sie vermittelte am 23.3.2012 den Klägern die im Berufungsverfahren noch streitgegenständliche Reise nach Cancun in Mexico. Reiseveranstalter war die Beklagte zu 2).
Nach dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 26.6.2014 gehaltenen Vortrag des Klägers zu 1) druckte die Beklagte zu 1) üblicherweise zwei Exemplare der Reisebestätigung und des Sicherungsscheins aus, wobei jeweils ein Exemplar die Kläger als Kunden erhielten. Dabei war es weiterhin durchaus üblich, dass die Kläger den Ausdruck nicht sofort, sondern nachträglich per Post erhielten. Erst nach vollständiger Zahlung - sei es an die Beklagte zu 1), sei es an den Reiseveranstalter - erhielten die Kläger die Reiseunterlagen einschließlich des Originals des Sicherungsscheins. Diese geschilderte Vorgehensweise wird von der Beklagten zu 2) nicht - zumindest nicht substantiiert - in Abrede gestellt.
Die Kläger erhielten in Bezug auf die Urlaubsreise nach Cancun im Nachhinein die Reisebestätigung/Rechnung vom 23.3.2012 sowie Kopie des Sicherungsscheins.
Wie die Beklagte zu 2) anhand eines vergleichsweisen Exemplars einer Reisebestätigung dargelegt hat, befindet sich (grundsätzlich) auf Seite 2 einer solchen Reisebestätigung der - drucktechnisch nicht hervorgehobenen - Zusatz:
"Bitte nehmen Sie die Zahlungen mit den hier aufgeführten Daten vor. Die Zahlungen sind ausschließlich an den Reiseveranstalter zu entrichten ..."
Auf der als Anlage K1 vom 23.3.2012 vorgelegten Reisebestätigung fehlt dieser Zusatz. Es spricht nach dem äußeren Anschein vieles dafür, dass insoweit die Reisebestätigung von der Beklagten zu 1) manipuliert wurde, in dem dieser Zusatz abgedeckt und dergestalt eine Kopie für die Kläger gefertigt wurde.
Auf Aufforderung der Beklagten zu 1) zahlten die Kläger in Bezug auf die Reise nach Cancun in der Folgezeit einen Betrag von 4.228 EUR an die Beklagte zu 1). Der Betrag wurde von der Beklagten zu 1) nicht an die Beklagte zu 2) weitergeleitet.
Nach dem insoweit mit Nichtwissen bestrittenen Vortrag der Beklagten zu 2) sandte diese am 4.4.2012 und am 16.4.2012 zwei Mahnschreiben an die Kläger, wobei sie als Adresse diejenige der Beklagten zu 1) angab. Die Kläger behaupten, diese Schreiben nicht erhalten zu haben. Am 24.5.2012 erfolgte eine Stornierung der Reise durch die Beklagte zu 2).
Von der weiteren Darstellung des Tatbestands wird gem. § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
1. Den Klägern steht wegen der Stornierung der Reise nach Cancun durch die Beklagte zu 2) am 24.5.2012 gegen diese ein Schadensersatzanspruch aus § 281 Abs. 1 und Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 1 BGB auf Rückerstattung der an die Beklagte zu 1) geleisteten Reisekosten i.H.v. 4.228 EUR zu.
1.1 Gemäß § 651k Abs. 4 Satz 2 BGB gilt ein Reisevermittler als vom Reiseveranstalter zur Annahme von Zahlungen auf den Reisepreis ermächtigt, wenn er einen Sicherungsschein übergibt oder sonstige dem Reiseveranstalter zurechenbare Umstände gegeben sind, dass er von diesem betraut ist, Reiseverträge für ihn zu vermitteln. Dies gilt nach § 651k Abs. 4 Satz 3 BGB nicht, wenn die Annahme von Zahlungen durch den Reisevermittler in hervorgehobener Form gegenüber dem Reisenden ausgeschlossen ist. Durch § 651k Abs. 4 Satz 2 BGB wird die Vermutung für eine Anschein-Inkassovollmacht fingiert, vgl. BT-Drucks. 14/5944, 12 (LG Gera, Urt. v. 23.3.2005 - I S 427/04, RRa 2005, 171, 172; Führich, Reiserecht, 6. Aufl., Rz. 592; Tonner, Der Reisevertrag, 5. Aufl., § 651k Rz. 29; Erman/Schmid, BGB, 13. Aufl., § 651k Rz. 31; Tonner in MünchKomm/BGB, 6. Aufl., § 651k Rz. 33; Staudinger/Staudinger (2011), § 651k Rz. 27; Tamm, VuR 2006, 329, 335). Der Veranstalter muss sich die Zahlung aber nur dann zurechnen lassen, wenn er zurechenbar den Rechtschein einer Inkassovollmacht verursacht hat, wie durch Übergabe des Sicherungsscheins oder wenn der Vermittler konkludent von diesem mit der Vermittlung von Reisen betraut worden war (Führich, a.a.O.). Diese gesetzliche Fiktion gilt weiterhin dann nicht, wenn der Veranstalter in hervorgehobener Form die Annahm...