Leitsatz (amtlich)
Einem in Irland ansässigen Unternehmen, das auf der Basis deutschsprachiger Nutzungsbedingungen eine vollständig in deutscher Sprache gehaltene Online-Plattform mit einer Vielzahl deutscher Nutzer betreibt, können deutschsprachige Schriftstücke ohne beigefügte Übersetzung in das Englische wirksam zugestellt werden.
Normenkette
EUZustellVO Art. 8
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 12 O 218/18) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Rechtspflegerin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 27.03.2019 aufgehoben.
Gründe
I. Das Landgericht hat der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln im Wege der einstweiligen Verfügung durch Beschluss vom 18.09.2018 untersagt, den Antragsteller für das Einstellen eines bestimmten Textes auf www.xxx.com zu sperren oder den Beitrag zu löschen. Darüber hinaus hat es die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auferlegt.
Dieser sollte die Beschlussverfügung vom 18.09.2018 in deutscher Sprache im Wege der Rechtshilfe zugestellt werden. Mit Schreiben vom 25.02.2019 meldete sich für die Antragsgegnerin die in Dublin ansässige Kanzlei N und erklärte, dass die Antragsgegnerin die Entgegennahme der ihr im vorliegenden Verfahren übersandten Schriftstücke ablehne, da keine englische Übersetzung der Schriftstücke zur Verfügung gestellt worden sei und die Rechtsabteilung der Antragsgegnerin die deutsche Sprache nicht verstehe.
Der Antragsteller beantragte mit Schriftsatz vom 11.03.2019 Kosten von insgesamt 729,23 EUR gegen die Antragsgegnerin festzusetzen. Die Rechtspflegerin wies den Antrag durch den angefochtenen Beschluss mit der Begründung zurück, dass kein wirksamer Titel nach § 103 Abs. 1 ZPO vorliege, weil die einstweilige Verfügung nicht wirksam zugestellt worden sei.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er ersichtlich eine sachliche Entscheidung über seinen Kostenfestsetzungsantrag vom 11.03.2019 begehrt und unter Bezugnahme auf Rechtsprechung ausführt, dass die Antragsgegnerin rechtsmissbräuchlich handele, weil durch ihre Berufung auf den Unternehmenssitz der europarechtlich angeordnete Verbrauchergerichtsstand faktisch ausgehöhlt werde. Das Landgericht habe sich nicht mit dem Indiz auseinandergesetzt, dass die Antragsgegnerin in allen Fällen, in denen sie Klageschriften habe zurückweisen lassen, eine deutsche Kanzlei beauftragt habe. Der EuGH habe entschieden, dass die nationalen Gerichte sich an Indizien wie den vorgebrachten orientieren dürften, wenn sie einen Rechtsmissbrauch annehmen wollten. Insoweit sei die Annahme des Landgerichts, dass eine Vermutung, dass die bei der Antragsgegnerin beschäftigten Juristen der deutschen Sprache nicht mächtig seien, nicht ausreiche, unzutreffend.
Die Antragsgegnerin, der zur sofortigen Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts vom 27.03.2019 rechtliches Gehör gewährt worden ist, hat zunächst die ihr übersandten Schriftstücke durch die in Dublin ansässige Anwaltskanzlei N mit dem Bemerken, dass sie nicht in einer Sprache, die die Antragsgegnerin verstehe, übersetzt worden seien, zurückgesandt. Sodann hat sie durch die in Frankfurt ansässige Anwaltskanzlei Z die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt und die Auffassung vertreten, die sofortige Beschwerde sei weder nach § 567 Abs. 1 Nr. 1 noch nach Nr. 2 ZPO zulässig. Unter Hinweis auf landgerichtliche Rechtsprechung führt die Antragsgegnerin aus, dass die einstweilige Verfügung (und damit die Kostengrundentscheidung) vom 18.09.2018 wegen fehlender Übersetzung nicht wirksam zugestellt worden sei.
II. Die gemäß § 104 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der vom Landgericht und der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 06.12.2019 vertretenen Ansicht ist die Zustellung der Beschlussverfügung und der weiteren der Antragsgegnerin vom Landgericht übersandten Schriftstücke wirksam. Die Verweigerung der Annahme wegen einer fehlenden englischen Übersetzung ist unberechtigt gewesen, so dass die Zustellung der Schriftstücke entsprechend § 179 Satz 3 ZPO als erfolgt anzusehen ist. Der Senat schließt sich nicht den von der Antragsgegnerin zitierten landgerichtlichen Entscheidungen, sondern der gegenteiligen - obergerichtlichen - Rechtsprechung zu der hier streitigen Frage an.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EuZVO kann die Annahme eines zuzustellenden Schriftstücks verweigert werden, wenn es nicht in einer Sprache abgefasst ist, die entweder der Empfänger versteht (lit. a) oder welche Amtssprache am Zustellungsort ist (lit. b). Die 2. Alt. kommt vorliegend nicht in Betracht, da Deutsch keine Amtssprache in Irland ist. Es ist aber davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin die deutsche Sprache versteht und deshalb nicht zur Annahmeverweigerung der zuzustellenden Schriftstücke berechtigt gewesen ist.
Für die Frage, ob bei einem Unternehmen als Empfänger vom Verständnis der Sprache aus...