Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 8 O 350/21) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 05.05.2022 (8 O 350/21) in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 24.05.2022 wird als unbegründet zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Scheinbeschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 22.03.2022 (8 O 350/21) in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 24.05.2022 wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I. 1. Die gemäß den §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige, gegen den Beschluss des Landgerichts vom 05.05.2022 gerichtete Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg. Dem Antragsteller ist über den bereits gewährten Umfang hinaus keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen, denn die beabsichtigte Klage bietet im Übrigen auf der Grundlage des derzeitigen Sach- und Streitstandes - wie das Landgericht zu Recht entschieden hat - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der auf die §§ 143 Abs. 1 Satz 1 und 2, 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO gestützte, anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch in Bezug auf die von der Schuldnerin am 15.12.2016 bewirkte Überweisung in Höhe von 7.978,17 EUR auf das Konto des antragsgegnerischen Landes ist unbegründet. Zwar hatte das Land nicht bereits vor der Rechtshandlung der Schuldnerin i.S.v. § 129 Abs. 1 InsO in Form der Anweisung ihres damaligen Geschäftsführers vom 09.12.2016 ein unanfechtbares Absonderungsrecht (§ 50 Abs. 1 InsO) an dem Kontoguthaben erlangt. Es fehlt jedoch sowohl an einer Ursächlichkeit dieser Rechtshandlung für die Gläubigerbenachteiligung als auch an einer Kenntnis des für das gegnerische Land handelnden Finanzamtes vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Geschäftsführers der Schuldnerin.
1.1 Der insolvenzrechtlichen Anfechtung gemäß § 133 InsO steht nicht bereits entgegen, dass die Befriedigung des Landes vorliegend aufgrund eines auf der Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamtes Düsseldorf-Mitte beruhenden Pfändungspfandrechts gemäß den §§ 309 Abs. 1 und 2, 314 Abs. 1 und 2 AO erfolgte.
Grundsätzlich wird das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip erst dann zu Gunsten der Gleichbehandlung der Gläubiger durch das System der insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln eingeschränkt, wenn für die Gesamtheit der Gläubiger während der "kritischen Zeit" in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag nicht mehr die Aussicht besteht, aus dem Vermögen des Schuldners volle Deckung zu erhalten. Erst dann tritt die Befugnis des Gläubigers, sich mit Hilfe hoheitlicher Zwangsmittel eine rechtsbeständige Sicherung oder Befriedigung der eigenen fälligen Forderungen zu verschaffen, hinter dem Schutz der Gläubigergesamtheit zurück. Daher begründet ein erst während des Drei-Monats-Zeitraums vor dem Eröffnungsantrag wirksam gewordenes Pfandrecht in der Insolvenz kein anfechtungsfestes Absonderungsrecht nach § 50 Abs. 1 InsO, wenn der Schuldner zur Zeit der Rechtshandlung zahlungsunfähig war (§ 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Im Gegensatz dazu kann die auf einem zuvor entstandenen und auch aus sonstigen Gründen nicht anfechtbaren Pfandrecht beruhende Befriedigung eines einzelnen Gläubigers durch Zahlung nicht mehr angefochten werden, wenn sie die Gesamtheit der Gläubiger nicht benachteiligt (vgl. BGH, Urt. v. 22.01.2004 - IX ZR 39/03 NJW 2004, 1444; v. 21.03.2000 - IX ZR 138/99, NJW-RR 2000, 1215). Ein solcher Fall liegt grundsätzlich vor, wenn die Befriedigung aufgrund eines Pfändungspfandrechts erfolgt, das den Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zur abgesonderten Befriedigung nach § 50 Abs. 1 InsO berechtigt (BGH, Urt. v. 22.11.2012 - IX ZR 142/11, NZI 2013, 247 Rn. 10, 13 f.; v. 14.06.2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rn. 14; jeweils mwN). In dem Fall handelt es sich um einen wirtschaftlich neutralen Vorgang (Uhlenbruck/Borries/Hirte, 15. Aufl. 2019, InsO § 129 Rn. 211). Der Gläubiger der Einzelzwangsvollstreckung erhält dann nur das, was ihm bereits aufgrund des insolvenzbeständigen Pfandrechts zusteht (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2012, a.a.O., Rn. 14; v. 21.03.2000, a.a.O.).
Anders verhält es sich allerdings dann, wenn das Pfandrecht seinerseits der Insolvenzanfechtung unterliegt (BGH, Urt. v. 21.11.2013 - IX ZR 128/13, Rn. 12 f., juris), was insbesondere dann der Fall ist, wenn sein Erwerb auf einer vorsätzlichen Rechtshandlung oder einer ihr gleichstehenden Unterlassung des Schuldners beruhte (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2012, a.a.O., Rn. 13).
1.1.1 Die Anweisung des Geschäftsführers der Schuldnerin an die A.- GmbH auf der Rechnung vom 09.12.2016 stellt eine Rechtshandlung i.S. der §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO dar.
1.1.1.1 Die Anfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO setzt eine Rechtshandlung des Schuldners und damit dessen willensgeleitetes, verantwortungsgesteuertes Handeln voraus. Der Schuldner muss darüber entscheiden können, ob er eine Leistung erbringt oder verweiger...