Verfahrensgang
AG Oberhausen (Aktenzeichen 10 II 23/95 WEG) |
LG Duisburg (Aktenzeichen 9 T 79/95 LG) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des dritten Rechtszuges an das Landgericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 10.000,00 DM.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1 ist Mitglied der o.a. Wohnungseigentümergemeinschaft. Zu ihrer Wohnung gehört u. a. ein Balkon, der – wie eine Reihe anderer Balkone – Baumängel aufweist. In einer Versammlung vom 1. Dezember 1994 beschlossen die Wohnungseigentümer einstimmig zu TOP 4:
„Zur Beseitigung der Mängel auf dem Balkon der Eigentümerin, Frau B., soll die Fa. A. einen Lösungsvorschlag in der Form eines Angebotes abgeben. Vorher wird geprüft, ob der Vorschlag des Verwaltungsbeirates zur Mängelbeseitigung umsetzbar ist.
Nach Vorlage des Angebotes der Fa. A. soll zum Preisvergleich ein weiterer Kostenvoranschlag eingeholt werden. Welche Fa. den Auftrag erhält, entscheidet danach der Verwaltungsbeirat. Mit dem ausführenden Unternehmen soll in einem Werkvertrag eine 5-jährige Gewährleistung vereinbart werden.”
In der Folgezeit erstellte die Fa. A. einen Kostenvoranschlag, der als erforderlichen Aufwand für eine Gesamtsanierung des Balkons der Beteiligten zu 1 circa 16.500,00 DM aufwies.
In einer weiteren Versammlung der Wohnungseigentümer vom 29. März 1995 beschlossen die Wohnungseigentümer unter TOP 2 in Abänderung des Beschlusses zu TOP 4 vom 1. Dezember 1994 folgendes:
„Herr … beantragt die Aufhebung des Beschlusses zur Balkonsanierung der Wohnung der Eigentümerin Frau B. aus dem Jahr 1994. Er schlägt dafür eine schrittweise Reparatur vor, die zuerst Abdichtung und Änderungsarbeiten im vorderen Bereich des Balkones vorsieht. Er erklärt sich bereit, für die Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Fa.
A. einen entsprechenden Lösungsvorschlag zu erarbeiten.
Sollte ein Lösungsvorschlag gefunden werden, so ist dieser umzusetzen.
Bringt die Reparatur keinen Erfolg, wird die von der Fa. A. vorgeschlagene Sanierung unter Berücksichtigung eines Vergleichangebotes durchgeführt.”
Die Beteiligte zu 1 hat beim Amtsgericht beantragt, diesen Beschluß für ungültig zu erklären. Sie hat die Auffassung vertreten, der sie begünstigende Beschluß vom 1. Dezember 1994 hätte nicht mehr abgeändert werden dürfen. Sie hat vorgetragen, der Architekt B., der schon früher als Sachverständiger Baumängel größeren Umfangs festgestellt hatte, habe in den Jahren 1993 und 1994 verschiedene Balkone, darunter auch ihren Balkon, in Augenschein genommen. Er habe bezüglich ihres Balkons außer einer Komplettsanierung keine andere Möglichkeit gesehen, den Nässeschäden beizukommen. Auch seitens der Fa. A. sei die Ansicht vertreten worden, der Balkon sei nur durch eine Komplett-Sanierung dicht zu bekommen.
Das Amtsgericht hat den angefochtenen Beschluß der Wohnungseigentümer vom 29. März 1995 für ungültig erklärt.
Auf die sofortige Beschwerde der übrigen Wohnungseigentümer hat das Landgericht die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert und den Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1 hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Sie rügt, das Landgericht sei seiner Ermittlungspflicht nicht nachgekommen. Der Beschluß vom 1. Dezember 1994 sei ergangen, nachdem frühere „schrittweise Sanierungen” erfolglos geblieben seien. Mit dem Beschluß vom 29. März 1995 werde erneut eine schrittweise Sanierung vorgesehen, die in der Vergangenheit schon keinen Erfolg gehabt habe und von der Fa. A. auch nicht für umsetzbar angesehen worden sei. Der Beschluß vom 29. März 1995 verstoße seinem Inhalt nach gegen das Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung.
Die übrigen Beteiligten sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschrift (§ 27 FGG).
Das Landgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, daß die Wohnungseigentümer grundsätzlich eine durch Beschluß getroffene Regelung jederzeit durch einen neuen Beschluß ändern können, und zwar unabhängig von der Frage, ob für die Neuregelung eine Notwendigkeit oder ein Grund besteht. Seine Grenzen findet dieses Recht der Wohnungseigentümer dort, wo der neue Beschluß sich aus den Wirkungen und dem Inhalt des früheren Beschlusses ergebende schutzwürdige Belange verletzt (vgl. BGHZ 113, 197; BayObLGZ 1985, 57, 61, 62; WM 1988, 322; OLG Stuttgart WE 1990, 106; Weitnauer-Lüke, WEG 8. Aufl., Rn. 31 zu § 23).
Das Landgericht hat hierzu ausgeführt, aus dem Erstbeschluß vom 1. Dezember 1994 ergäben sich solche schutzwürdigen Belange nicht, denn konkrete Rechte der Beteiligten zu 1 bezüglich der Durchführung der Arbeiten zur Balkonsanierung würden durch diesen Beschluß nicht beg...