Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Entscheidung vom 28.06.2010; Aktenzeichen 11 O 156/08) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. Juni 2010 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach - Einzelrichterin - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 40 % sämtlicher gegenwärtigen und zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Unfallereignis entstanden sind bzw. noch entstehen werden, das sich am 11.10.2006 gegen 11.05 Uhr auf der B 59/ XXX Straße in XXX ereignet hat, soweit die diesbezüglichen Ersatzansprüche des Klägers nicht kraft Gesetzes auf Dritte, insbesondere auf Krankenversicherungs- und sonstige Träger sozialer Leistungen übergegangen sind bzw. noch übergehen werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 20 % und die Beklagten zu 80 %, die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagten je zur Hälfe.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Feststellung zu, dass die Beklagten ihm 40 % seiner gegenwärtigen und zukünftigen Schäden aus dem Unfallereignis vom 11.10.2006 in tenoriertem Umfang zu ersetzen haben, §§ 7 Abs. 1, 9 StVG, 254 BGB, 3 Nr. 1 PflVG a.F.. Auf der Grundlage des mündlich erstatteten Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. XXX und den eigenen Angaben des Beklagten zu 1. bei seiner Anhörung sind die jeweiligen Verursachungsbeiträge gemäß §§ 7, 9 StVG, 254 BGB gegeneinander abzuwägen. Der Kläger hat durch das unachtsame Einfahren auf die Straße die äußersten Sorgfaltspflichten des § 10 StVG nicht beachtet. Der Ein- oder Anfahrende muss sich vergewissern, dass die Fahrbahn für ihn im Rahmen der gebotenen Sicherheitsabstände (§ 4 StVO) frei ist. Aber auch der Beklagte zu 1. hätte bereits bei der von ihm aus einer Entfernung von etwa 70 m erkannten Einfahrt des Klägers auf die Straße - unabhängig von dessen weiterem Verhalten - die Geschwindigkeit herabsetzen müssen. Auch wenn der Beklagte zu 1. den beabsichtigten Überquerungsvorgang des Klägers nicht unmittelbar bei der Einfahrt auf die Straße erkannt hatte, wäre er zum Herabsetzen der Geschwindigkeit auf zumindest 55 km/h gehalten gewesen. Denn die durchgehende Fahrbahnmarkierung hätte ein etwaiges linksseitiges Vorbeifahren am Kläger nur innerhalb der Fahrbahnmarkierung der 3,30 m breiten Straße erlaubt. Hierfür hätte der Beklagte zu 1. die Geschwindigkeit deutlich herabsetzen müssen. Damit hätte er durch Bremsen eine Kollision vermeiden können. Bei der Abwägung der gegenseitigen schuldhaften Verursachungsbeiträge muss jedoch insbesondere berücksichtigt werden, dass der Kläger den erhöhten Sorgfaltsanforderungen des § 10 StVO nicht genügt hat. Das deswegen überwiegende Mitverschulden muss in der Quote zum Ausdruck kommen, so dass die Beklagten mit 40 % für sämtliche Unfallfolgen haften und der Kläger sich ein Mitverschulden in Höhe von 60 % der Schäden anrechnen lassen muss.
1.
Die Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere hat der Kläger auch ein Rechtsschutzinteresse an der mit dem Hauptantrag begehrten Feststellung. Zum einen haben die Beklagten bis zur Berufungsinstanz ihre Einstandspflicht vollständig bestritten. Zum anderen ist die Erhebung einer Leistungsklage nicht vorrangig im Rechtssinne. Die Schadensentwicklung war, wie das Landgericht zu Recht ausführt, zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen. Dies zeigt sich schon daran, dass bei Stellung des insoweit maßgeblichen Prozesskostenhilfeantrages am 25.04.2008 die im Mai 2008 durchgeführte Amputation des linken Unterschenkels des Klägers noch nicht hatte vorgenommen werden müssen. Dann steht es dem Anspruchsinhaber jedoch frei, seine Ansprüche teilweise zu beziffern und im Übrigen Feststellungsklage zu erheben oder sich vollständig auf sein Feststellungsbegehren zu beschränken (vgl. BGH NJW 1984, 1552, Geigel/Bacher, Haftpflichtprozess, 26. Aufl. 2011, 39. Kap. Rdnr. 23 m.w.N.) Ist eine Feststellungsklage danach zulässig erhoben, braucht der Kläger auch dann nicht zur Leistungsklage überzugehen, wenn im Laufe des Rechtsstreits der gesamte Schaden bezifferbar wird (vgl. BGH Urteil vom 28.09.2005, IV ZR 82/04, NJW 2006, 439; BGH, Urteile vom 17. Oktober 2003 - V ZR 84/02 - NJW-RR 2004, 79 unter B II 1; 4. Juni 1996 - VI ZR 123/95 - NJW 1996, 2725 unter II c; 15. November 1977 - VI ZR 107/76 - NJW 1978, 210 unter I 2 a und ständig).
2.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Feststellung zu, dass die Beklagten ihm zum Ersatz von 40 % sämtlicher gegenwärtigen und zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden, die ihm aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 11.10.2006 entstanden sind bzw. noch entstehen werden, verpflichtet sind. Die grundsätzliche Haftung des Beklagten zu 1. gemäß § 7 Abs. 1 StVG wird gemäß § 9 StVG i.V.m. § 25...