Leitsatz (amtlich)
›Kommt es im Anschluß an die vorläufige Deckung des Versicherers nicht zum Abschluß des Versicherungsvertrages über die endgültige Deckung des Risikos und macht der Versicherer die einmalige Prämie für die vorläufige Deckung nicht binnen drei Monaten nach Rechnungsstellung gerichtlich geltend, so ist die Rücktrittsfiktion des § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG entgegen dem Wortlaut des Gesetzes nach dessen Sinn und Zweck unanwendbar.‹
Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Aktenzeichen 3 O 49/98) |
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung von Prämien für die Gewährung vorläufigen Deckungsschutzes in der Feuerversicherung vom 27.6.1995 bis 1.1.1996 in Anspruch.
Die Beklagten erwarben als L & K GbR das Grundstück L straße in W. Sie traten im Jahr 1995 über die C Hauptvertretung M H in Verhandlungen mit der Klägerin über den Abschluß eines Feuerversicherungsvertrages. Da die Klägerin dazu nicht ohne Risikobesichtigung und Risikofeststellung bereit war, kam es zur Vereinbarung vorläufigen Versicherungsschutzes unter Prämienvorbehalt. Vorläufige Deckung wurde zunächst vom 27.6.1995, 12 Uhr, befristet bis zum 1.10.1995 ausgesprochen, sodann aber mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 18.12.1995 (Verlängerung: GA 36 - 38) bis zum 31.1.1996 verlängert.
Mit Schreiben vom 5.1.1996 baten die Beklagten die Klägerin um rückwirkende Vertragsauflösung zum 31.12.1995 unter Hinweis auf die rechtsverbindliche Deckungszusage eines anderen Versicherers mit Wirkung zum 1.1.1996 sowie um entsprechende Änderung des Beitragsbescheides und Bestätigung der Auflösung. Am 31.1.1996 erklärte die Klägerin die Aufhebung der vorläufigen Deckungszusage mit Wirkung vom 1.1.1996, mittags 12 Uhr, und kündigte die Zusendung eines Abrechnungsdokumentes für die Zeit der vorläufigen Deckungszusage an. Die Klägerin übersandte sodann einen Versicherungsschein zur Feuerversicherung unter dem Datum des 13.6.1996 und berechnete für die Zeit vom 27.6.1995 bis zum 1.10.1995 eine Prämie in Höhe vor. 16.901,50 DM (GA 43). Mit dem Nachtrag Nr. 1 vom 14.6.1996 verlangte sie sodann für die Zeit vom 1.10.1995 bis 1.1.1996 16.182,30 DM (GA 44). Unter Hinweis auf § 38 VVG mahnte die Klägerin die Versicherungsprämie in Höhe von insgesamt 33.083,80 DM am 9.9.1997 an.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei nicht durch § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG gehindert, den Prämienanspruch durchzusetzen. Bei der Prämie für die Zeit der vorläufigen Deckung handele es sich nicht um die Erstprämie im Sinne dieser Norm. Jedenfalls stehe ihr in Anbetracht des erheblichen Versicherungsrisikos sowie des Zeitraums der gewährten vorläufigen Deckung nach § 40 Abs. 2 VVG eine Geschäftsgebühr in Höhe von 40 % des Jahresbeitrages, entsprechend 25.891,68 DM, zu.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 33.083,80 DM nebst 6 % Zinsen seit dem 30.6.1996 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 5 DM zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, § 38 Abs. 1 S. 2 VVG finde Anwendung, so daß die Klägerin nur die Geschäftsgebühr des § 90 Abs. 2 Satz 2 VVG zu beanspruchen habe, nachdem sie drei Monate nach Fälligkeit habe verstreichen lassen, ohne den Anspruch gerichtlich geltend zu machen. Diese Geschäftsgebühr betrage keinesfalls 25.891,68 DM, da die Geschäftsgebühr lediglich die Verwaltungskosten des Versicherers für erbrachte Leistungen abdecke.
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, aus dem durch die vorläufige Deckungszusage geschaffenen Rechtsverhältnis stehe der Klägerin ein Anspruch in Höhe von 33.083,80 DM zu. Demgegenüber könnten sich die Beklagten nicht auf § 38 Abs. 1 Satz 2 VVG berufen. Dieser finde auf das durch die vorläufige Deckungszusage geschaffene Rechtsverhältnis keine Anwendung. Erste Prämie im Sinne des § 38 Abs. 1 VVG sei nur die Prämie für den endgültigen Vertrag nach vorläufiger Deckungszusage.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung.
Sie berufen sich darauf, daß durch die vorläufige Deckung ein endgültiger Versicherungsvertrag im Sinne des § 38 VVG zustandekomme. Im übrigen habe sich die Klägerin § 38 VVG zu eigen gemacht und stets auf diese Regelung hingewiesen. Danach müsse sie sich auch daran festhalten lassen. Weiter stehe dem Anspruch entgegen, daß die Klägerin die vorläufige Deckung mehrfach verlängert habe, weil sie sich nicht in der Lage gesehen habe, einen endgültigen Prämienvorschlag zu machen. Erst im Juni 1996 habe sie ihre Prämienvorstellung offenbart, die jenseits jeglicher Marktüblichkeit liege.
Die mit dem Hilfsantrag verfolgte Geschäftsgebühr sei unangemessen.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 16.12.1998, Az. 3 O 49/98 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meinen, das durch die vorläufige Deckungszusage geschaffen...