Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Ausgleich eines Bagatellanrechts
Leitsatz (amtlich)
1. Anrechte aus langjähriger Versicherung in der allgemeinen Rentenversicherung sind im Versorgungsausgleich gesondert auszuweisen und auszugleichen.
2. Trotz der Geringfügigkeit eines zu übertragenden Anrechts aus einer Grundrente besteht kein Anlass, nach § 18 Abs. 2 VersAusglG von einem Ausgleich abzusehen, wenn dieser im Rahmen der internen Teilung innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherungssysteme im Wege der Umbuchung bei demselben Versorgungsträger erfolgt und damit nur einen äußerst geringfügigen Verwaltungsaufwand erfordert.
Normenkette
SGB VI § 120 Abs. 2; VersAusglG § 10 Abs. 1, § 18 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Gelnhausen (Beschluss vom 03.05.2022; Aktenzeichen 62 F 1004/20) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird abgeändert und durch Einfügung eines neuen vierten Absatzes zwischen den 3. und den bisherigen 4. Absatz des Beschlusstenors wie folgt ergänzt:
Ferner wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen (Versicherungsnummer ...) im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 0,0670 Entgeltpunkten für langjährige Versicherung in der allgemeinen Rentenversicherung (Grundrente) auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen (Versicherungsnummer ...), bezogen auf den 31.12.2020, übertragen.
Im Übrigen bleibt es bei dem im angefochtenen Beschluss angeordneten Versorgungsausgleich.
Von der Erhebung von Gerichtskosten sowie der Anordnung einer Kostenerstattung der Beteiligten untereinander wird für den zweiten Rechtszug abgesehen. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.
Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf 1.000,- EUR, für die erste Instanz - insoweit unter Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung mit Beschluss vom 03.05.2022 - auf 1.320,- EUR.
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Durchführung des Versorgungsausgleichs hinsichtlich eines bei der Beschwerdeführerin bestehenden Anrechts des Antragstellers aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Grundrente).
Mit der angefochtenen Entscheidung vom 03.05.2022 sprach das Familiengericht auf den am 13.01.2021 zugestellten Scheidungsantrag die Scheidung der am XX.XX.2016 geschlossenen Ehe der beteiligten Eheleute aus und regelte im Scheidungsverbund den Versorgungsausgleich. Dabei ordnete es die interne Teilung der jeweiligen Anrechte der Eheleute in der gesetzlichen Rentenversicherung an, übersah jedoch das weitere Anrecht des Antragstellers aufgrund des ihm zustehenden Grundrentenzuschlags bei der Beschwerdeführerin, das deshalb auch nicht zugunsten der Antragsgegnerin ausgeglichen wurde.
Mit ihrer am 31.05.2022 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen den der Deutschen Rentenversicherung Hessen am 10.05.2022 zugestellten Beschluss beantragt diese unter Hinweis auf ihre dem Familiengericht unter dem 18.01.2022 erteilten Auskunft, das übersehene Anrecht in den Beschluss aufzunehmen.
Der Senatsvorsitzende hat mit Verfügung vom 10.06.2022 angekündigt, der Senat werde in der Sache nach Ablauf einer bis zum 01.07.2022 gewährten Stellungnahmefrist ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Der Antragsteller hat daraufhin unter Beantragung von Verfahrenskostenhilfe angeregt, dem Rechtsmittel stattzugeben, die übrigen Beteiligten haben sich zu der Beschwerde und dem Hinweis nicht geäußert.
II. Die nach §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Versorgungsträgers ist auch in der Sache begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Das in der familiengerichtlichen Entscheidung übersehene Anrecht des Antragstellers auf einen Grundrentenzuschlag ist nach § 10 Abs. 1 VersAusglG intern zu teilen. Im Hinblick auf die mit Art. 1 Nr. 10 des Gesetzes vom 12.08.2020 (BGBl. I 1879, sog. Grundrentengesetz) mit Wirkung zum 01.01.2021 eingefügten §§ 76g, 307e, 307f SGB VI sind Anrechte aus langjähriger Versicherung in der allgemeinen Rentenversicherung gem. § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI im Versorgungsausgleich gesondert auszuweisen und auszugleichen (Wick FuR 2021, 78, 79; BeckOGK/Kischkel, 1.5.2022, VersAusglG § 39 Rn. 149, 162 ff.; RegE, BT-Drucks. 19/18473, S. 44). Daher ist entsprechend der von der Beschwerdeführerin erteilten Auskunft zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen im Wege der internen Teilung zu Gunsten der Antragsgegnerin neben den Anrechten in der allgemeinen Rentenversicherung und der allgemeinen Rentenversicherung (Ost) noch ein weiteres Anrecht in Höhe von 0,0670 Entgeltpunkten für langjährige Versicherung in der allgemeinen Rentenversicherung mit einem Kapitalwert von 505,35 EUR auf deren Versicherungskonto bei der Deutschen R...