Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den zeitlichen Grenzen nachträglicher Belegvorlage und einer sich daran anknüpfenden nachträglichen Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nach Abschluss des Rechtszugs
Normenkette
ZPO §§ 114, 117 Abs. 2 S. 1, § 118 Abs. 2 S. 4; FamFG § 76 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Alsfeld (Beschluss vom 17.10.2013; Aktenzeichen 21 F 36/12) |
Tenor
In der Familiensache hat der 4. Senat für Familiensachen des OLG Frankfurt auf vom 5.11.2013 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Alsfeld vom 17.10.2013 am 23.1.2014 beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Antragsgegnerin beantragte in dem zwischen den Beteiligten seit dem 2.2.2012 rechtshängigen Scheidungsverbundverfahren im Termin zur mündlichen Verhandlung am 6.8.2013, an dessen Ende die rechtskräftige Endentscheidung verkündet wurde, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten, welche die Vertretung der Antragsgegnerin erstmals mit Schriftsatz vom 29.2.2012 angezeigt hatte. In dem Schriftsatz vom 29.2.2012 hatte die Bevollmächtigte eine Nachreichung einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsgegnerin angekündigt; einen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe enthielt der Schriftsatz jedoch nicht. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsgegnerin lag im Termin zur mündlichen Verhandlung entgegen der Ankündigung im Schriftsatz vom 29.2.2012 nicht vor, woraufhin der Antragsgegnerin vom zuständigen Richter am AG ausweislich der von diesem eingeholten dienstlichen Erklärung vom 4.12.2013 gestattet wurde, die Erklärung nebst Belegen nachzureichen. Ein zeitlicher Rahmen wurde der Antragsgegnerin hierfür nicht gesetzt.
Nachdem bis dahin immer noch keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingegangen war, wies das AG den Verfahrenskostenhilfeantrag mit dem angefochtenen Beschluss vom 17.10.2013, Bl. 49 der Akte, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, zurück.
Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 21.10.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 6.11.2013 beim AG eingegangene sofortige Beschwerde, mit welcher die Antragsgegnerin eine auf den 26.9.2013 datierte Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegte und vortrug, die von ihr am 26.9.2013 per Post an ihre Bevollmächtigte abgesandte Erklärung habe das AG offenbar nicht erreicht. Der Erklärung waren keine Belege für das mit 650 EUR monatlich angegebene Bruttoeinkommen der Antragsgegnerin aus selbständiger Tätigkeit beigefügt. Unter Abschnitt "F Abzüge" heißt es: "Steuer 2012 ist in Arbeit, s. Steuererklärung 2011! Unterlagen sind bei Ihnen!" Wegen der weiteren Einzelheiten der Erklärung und der vorgelegten Belege wird auf Bl. 1 ff. des Sonderhefts Verfahrenskostenhilfe Bezug genommen.
Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 8.11.2013 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit sei nicht belegt.
Mit E-Mail vom 5.12.2013 hat die Antragsgegnerin dem Beschwerdegericht eine Gewinnermittlung für das Jahr 2012 und für den Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 31.10.2013 sowie den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2011 übersandt. Auf die vorgelegten Unterlagen wird ebenfalls Bezug genommen.
Der Einzelrichter des Senats hat die Entscheidung über die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache nach vorheriger Gewährung rechtlichen Gehörs durch Beschluss vom 17.1.2014 dem Senat übertragen.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache unbegründet und daher zurückzuweisen. Die von der Beschwerdeführerin begehrte nachträgliche Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das durch Beschluss vom 6.8.2013 abgeschlossene Scheidungsverbundverfahren kommt - unabhängig von der Frage der Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin - nicht in Betracht.
Bei der Verfahrenskostenhilfe handelt es sich um eine Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege, welche bedürftigen Personen eine Erfolg versprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung vor Gericht ermöglichen soll. Im Hinblick auf diese Zielsetzung, durch welche den Hilfebedürftigen der begehrte Rechtsschutz überhaupt erst ermöglicht werden soll, scheidet eine nachträgliche Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nach Abschluss des jeweiligen Rechtszugs grundsätzlich aus, weil eine Erfolg versprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung in diesem Rechtszug dann nicht mehr möglich ist. Das Verfahren ist dann nämlich auch ohne die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe durchgeführt und abgeschlossen worden.
Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen bereits abgeschlossenen Rechtszug kommt daher grundsätzlich nur in Betracht, wenn der Verfahrenskostenhilfeantrag bereits vor Abschluss der Instanz entscheidungsreif war (Zöller/Geimer, ZPO, Kommentar, 29. Aufl. 2012, § 117 Rz. 2b; BeckOK-ZPO/Reichling, ...