Leitsatz (amtlich)
Zu den Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten bei der Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Gießen (Aktenzeichen 2 O 109/06) |
Tenor
Das LG München I wird als das zuständige Gericht bestimmt.
Gründe
Der Kläger zeichnete im Dezember 2004 aufgrund einer Beratung durch einen Mitarbeiter der Beklagten zu 2) eine Kommanditbeteiligung an der A GmbH & Co KG (künftig: A) mit einem Beteiligungsbetrag von 25.000 EUR zzgl. Agio. Der Beteiligung lag ein Prospekt des A zugrunde, wegen dessen inhaltlicher Einzelheiten auf Blatt 59-118 d.A. verwiesen wird. Der Kläger zahlte ein Eigenkapital von 14.875 EUR, das restliche Kapital wurde über einen Kredit i.H.v. 11.375 EUR von der Beklagten zu 3) finanziert. Komplementärin und Geschäftsführerin der A ist die B-GmbH, als deren Geschäftsführer der Beklagte zu 1) seit dem 5.9.2002 im Handelsregister eingetragen ist. Fondsinitiator und Prospektherausgeber ist die C GmbH, die ihren Sitz in der ... straße ... in O1 hat. Geschäftsführer ist der Beklagte zu 1). Unternehmensgegenstand des A sollte die weltweite Entwicklung, Produktion, Koproduktion, Verwertung, Vermarktung und der Vertrieb von Kino-, Fernseh-, Musikproduktionen u.ä. sein. Zwingender Bestandteil des A war es, dass jeder Anleger eine 45,5 %-Anteilsfinanzierung bei der Beklagten zu 3) abschließen musste. Mit seiner im März 2006 beim LG Gießen erhobenen Klage begehrt der Kläger, die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 14.875 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung an der A GmbH & Co. KG sowie zur Freistellung von allen zukünftigen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen, die mittelbar oder unmittelbar aus seiner Beteiligung resultieren, zu verurteilen. Gegenüber der Beklagten zu 3) beantragt der Kläger darüber hinaus die Feststellung, dass der Beklagten zu 3) gegen ihn, den Kläger, keinerlei Forderungen, die unmittelbar oder mittelbar aus der Finanzierung der am 6.12.2004 gezeichneten Beteiligung resultieren, zustehen.
Der Kläger wirft der Beklagten zu 2) vor, dass sie ihn weder anleger- noch anlagegerecht über die Fondsbeteiligung beraten habe. So sei ein er nicht darüber aufgeklärt worden, dass ein Großteil der eingezahlten Gelder nicht in Filmprojekte eingezahlt sondern an die Beklagten zu 3) weitergeleitet wurden. Darüber hinaus sei er nicht über den Unterschied zwischen einer Bankgarantie und einer Schuld-
übernahme aufgeklärt worden. Gegenüber den Beklagten zu 1) und 3) macht der Kläger Prospekthaftungsansprüche geltend. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass neben dem Beklagten zu 1) auch die Beklagte zu 3) als Fondsinitiatorin und Prospektverantwortliche anzusehen sei. Die Beklagte habe maßgeblich an der Gestaltung des Prospekts mitgewirkt und sei deshalb neben dem Beklagten zu 1) für dessen Inhalt verantwortlich. Der Prospekt sei fehlerhaft, da 4/5 des Kapitals nicht in die Produktion von Filmen investiert, sondern an die Beklagte zu 3) als schuldübernehmende Bank weitergeleitet worden seien. Über die hiermit verbundenen steuerlichen Risiken hätten die Beklagten ihn, den Kläger, aufklären müssen.
Die Beklagten zu 1) und 3) haben ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des LG München I. Die Beklagte zu 2) hat ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk des LG Koblenz.
Nachdem die Beklagten zu 3) die örtliche Zuständigkeit des LG Gießen gerügt hat, hat der Kläger gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt, das zuständige Gericht zu bestimmen. Das LG Gießen hat daraufhin die Akte dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Das OLG Frankfurt ist für die Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 2 ZPO zuständig, da das LG Gießen, das zuerst mit der Sache befasst wurde, zum Bezirk dieses OLG gehört.
Nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO war das LG München I als das zuständige Gericht zu bestimmen. Nach dieser Vorschrift erfolgt auf Antrag eine Gerichtsstandsbestimmung, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Eine Gerichtsstandsbestimmung kann über den Wortlaut des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinaus noch nach Klageerhebung vorgenommen werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Verfahren noch nicht so weit fortgeschritten ist, dass eine Gerichtsstandsbestimmung unter Berücksichtigung der der Vorschrift zugrunde
liegenden Zweckmäßigkeitserwägungen ausscheiden muss, weil beispielsweise schon eine Beweisaufnahme durchgeführt oder der Rechtsstreit gegen eine Partei bereits entschieden ist (BGH, NJW 1978, 321; BayObLG v. 20.4.1993 - 1Z AR 5/93, NJW-RR 1994, 890; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 36 Rz. 36 m.w.N.).
Streitgenossenschaft auf Beklagtenseite ist gegeben. Für die Streitgenossenschaft ist nicht erforderlich, dass die Inanspruchnahme auf derselben Grundlage erfolgt. Über ...