Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung des Schadenersatzes bei Verkehrsunfall (hier: Verdienstausfall unter Berücksichtigung der voraussichtlichen beruflichen Entwicklung einer Krankenschwester)
Normenkette
BGB §§ 252, 287
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 11.09.2013; Aktenzeichen 4 O 105/10) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Wiesbaden vom 11.9.2013, Aktenzeichen 4 O 105/10, teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 64.684,22 zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 19.684,22 seit 29.3.2011 und aus weiteren EUR 45.000 seit dem 22.11.2012.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Wiedereinsetzung entstandenen Kosten haben die Klägerin 10 % und die Beklagte 90 % zu tragen. Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen der Klägerin zur Last.
Dieses Urteil und das Urteil des LG Wiesbaden vom 11.9.2013, Aktenzeichen 4 O 105/10, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte als Haftpflichtversicherung nach einem Verkehrsunfall am ... 2007, bei dem die Klägerin erheblich verletzt wurde, auf Schadensersatz in Anspruch. Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Wegen der Einzelheiten wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 432 - 438 der Akte) verwiesen.
Vor dem LG hat die Klägerin weiteres Schmerzensgeld in einer Größenordnung von EUR 13.000 (ausgehend von einem Gesamtschmerzensgeld von EUR 40.000), Verdienstausfall i.H.v. insgesamt EUR 57.000 (monatlich EUR 1.500 vom 1.9.2009 bis 31.10.2012) und Kosten für ärztliche Behandlung und Fahrten i.H.v. EUR 1.184,22 verlangt.
Das LG hat die Beklagte am 11.9.2013 unter Klagabweisung im Übrigen zur Zahlung von EUR 9.184,22 nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt.
Weiteres Schmerzensgeld i.H.v. EUR 8.000 könne die Klägerin gem. §§ 823, 253 Abs. 2 BGB, §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, jeweils i.V.m. § 115 VVG verlangen. Insgesamt sei unter Beachtung der für das Schmerzensgeld maßgeblichen Bemessungsgrundsätze ein Entschädigungsbetrag von insgesamt EUR 35.000 angemessen, auf den die Beklagte bereits EUR 27.000 gezahlt habe. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin durch den Unfall eine offene Unterschenkelfraktur links, ein Schädelhirntrauma, eine Rippestückfraktur C 3 rechts, einen Pneumothorax und eine Kopfplatzwunde erlitten habe. Der Heilungsverlauf habe sich kompliziert und langwierig gestaltet. Die Klägerin habe sich insgesamt drei Operationen am Unterschenkel mit jeweiligem stationärem Aufenthalt unterziehen müssen. Darüber hinaus habe sie sich häufig zu Nachsorgeuntersuchungen vorstellen müssen. Bis auf die Unterschenkelfraktur seien die Verletzungen ausgeheilt. Wegen der Unterschenkelfraktur bestünde zur vollen Überzeugung des Gerichts nach der durchgeführten Beweisaufnahme (schriftliches Sachverständigengutachten von A vom 9.11.2011) weiterhin eine erheblich verminderte Gebrauchs- und Belastungsfähigkeit, weswegen die Klägerin den Beruf der Krankenschwester nicht mehr ausüben könne. Allerdings sei das Gericht nach den eingehenden und sachkundigen Ausführungen des Sachverständigen auch davon überzeugt, dass mit einer strukturierten und konsequenten Rehabilitationsbehandlung eine realistische Chance bestehe, den Funktionszustand des linken Beines nachhaltig zu verbessern.
Darüber hinaus sei bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen, dass die Klägerin noch immer an den psychischen Beeinträchtigungen aufgrund des Unfallgeschehens, nämlich an einer posttraumatischen Belastungsstörung, leide. Dies stehe zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der schriftlichen Sachverständigengutachten von C vom 9.7.2012 und vom 3.1.2013 und aufgrund seiner mündlichen Anhörung am 30.4.2013. Allerdings stehe nach der Beweisaufnahme auch fest, dass bei einer Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung, die hier unterblieben sei, die Wahrscheinlichkeit, dass die Symptome rascher abklängen, höher sei.
Auf die Schmerzensgeldhöhe müsse sich zugunsten der Klägerin schließlich auswirken, dass sie wegen der Notwendigkeit von Unterarmstützen während des Heilungsprozesses in ihrer privaten Lebensführung, nämlich bei der Vo...