Leitsatz (amtlich)
Ein Gesuch auf Ablehnung von Richtern wegen Besorgnis der Befangenheit darf auch im Zivilverfahren ausnahmsweise dann unter Mitwirkung der abgelehnten Richter zurückgewiesen werden, wenn es offenbar grundlos ist und daher nur dem Ziel dienen kann, das Verfahren hinauszuzögern (BVerfG, Beschluss vom 20.7.2007, NJW-RR 2008, 72 ff., 73). Offenbar grundlos ist ein Ablehnungsgesuch, wenn die von dem Beklagten vorgebrachten Ablehnungsgründe ihrer Art nach keinen Grund bilden können, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO).
Die Absicht der Prozessverschleppung ist nicht konstitutives Merkmal der Rechtsmissbräuchlichkeit; es reicht aus, dass die Behandlung des offenbar grundlosen Ablehnungsantrages nach §§ 45, 46 ZPO notwendig zur Folge hätte, dass sich das Verfahren weiter verzögern würde.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 25.04.2013; Aktenzeichen 324 O 616/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des LG Hamburg vom 25.4.2013 - 324 O 616/11, wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert wird für das Beschwerdeverfahren festgesetzt auf EUR 4.000,00.
Gründe
Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet sich der Beklagte dagegen, dass das LG seinen Antrag auf Ablehnung der für die Entscheidung seines Rechtsstreits zuständigen Richterinnen P und Q und des Richters R durch einen Beschluss als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen hat, an dessen Fassung die Richterin P und der Richter R - die Richterin Q infolge Erkrankung nicht - mitgewirkt haben. Die Beschwerde ist zwar zulässig, sie ist aber unbegründet.
Der angefochtene Beschluss ist nicht verfahrensfehlerhaft ergangen. Ein Gesuch auf Ablehnung von Richtern wegen Besorgnis der Befangenheit darf nach dem Rechtsgedanken des § 26a Abs. 2 Satz 1 StPO auch im Zivilverfahren ausnahmsweise dann unter Mitwirkung der abgelehnten Richter zurückgewiesen werden, wenn es offenbar grundlos ist und daher nur dem Ziel dienen kann, das Verfahren hinauszuzögern (BVerfG, Beschluss vom 20.7.2007, NJW-RR 2008, 72 ff., 73). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das LG hier zu Recht angenommen. Die von dem Beklagten vorgebrachten Ablehnungsgründe können schon ihrer Art nach so wenig einen Grund bilden, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO), dass sie als "offenbar grundlos" im Sinne der genannten Entscheidung des BVerfG anzusehen sind. Sofern der Beklagte den Richtern in seinem Ablehnungsgesuch vorwirft, sie beherrschten die deutsche Sprache nur mangelhaft, ist nicht ersichtlich, wieso sich daraus ein Hinweis auf eine Voreingenommenheit der Richter gerade ihm gegenüber ergeben soll. Sofern der Beklagte sich umfangreich dazu auslässt, dass die abgelehnten Richter an Entscheidungen beteiligt gewesen seien, durch die ihm die Verbreitung von Äußerungen untersagt worden ist, ist ebenfalls nicht ersichtlich, inwieweit sich allein daraus eine Voreingenommenheit der abgelehnten Richter ergeben soll, liegt es doch im Wesen der Tätigkeit jedes im Zivilrecht tätigen Richters, Entscheidungen zu treffen, die naturgemäß zumindest eine der an dem betreffenden Rechtsstreit beteiligten Parteien belasten. Soweit der Beklagte weiter vorträgt, seine Ablehnungsgesuche könnten nicht rechtsmissbräuchlich sein, weil er kein Interesse daran habe, den Rechtsstreit zu verzögern, kommt es darauf nicht an; denn die Absicht der Prozessverschleppung ist nicht konstitutives Merkmal der Rechtsmissbräuchlichkeit; es reicht aus, dass die Behandlung des offenbar grundlosen Ablehnungsantrages nach §§ 45, 46 ZPO notwendig zur Folge hätte, dass sich das Verfahren weiter verzögern würde.
Auch in der Sache ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden. Die von dem Beklagten vorgebrachten Ablehnungsgründe liegen, wie ausgeführt, außerhalb des Bereichs der von § 42 Abs. 2 ZPO erfassten potentiellen Ablehnungsgründe und können daher ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter nicht rechtfertigen. Sofern der Beklagte sein Ablehnungsgesuch in der Beschwerde auch darauf stützt, dass einige der abgelehnten Richter selbst an der Entscheidung beteiligt waren, ist diese Mitwirkung aus den ebenfalls vorgenannten Gründen nicht zu beanstanden und kann schon deshalb eine Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Wertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 3 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 4719764 |
NJW 2013, 8 |
NJW-RR 2013, 1078 |
MDR 2013, 870 |