Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beweiserleichterung für behauptete Wegnahme einer Sache bei Gelegenheit eines allein der Zerstörung von Räumlichkeiten dienenden Einbruchs (Vandalismus)
Normenkette
AERB 87 § 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 401 O 143/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 1 für Handelssachen, vom 16.5.2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Es beschwert die Klägerin mit 46.055,14 DM.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt seit Ende 1998 eine Großdiscothek, für die sie bei der Beklagten eine gebündelte Geschäftsversicherung abgeschlossen hat, der u.a. die AERB 87 zugrunde liegen. Ende April 1999 drangen unbekannt gebliebene Täter nachts mittels eines Stemmeisens durch eine Seitentür in die Discothek ein und verspritzten den Inhalt einer mitgebrachten 1 Liter-Glasflasche Buttersäure mit sieben Injektionsspritzen in den Räumen der Discothek. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Entschädigung für den Sachschaden i.H.v. rund 130.000 DM. Sie behauptet, die Täter hätten auch einen Diebstahl begangen, nämlich einen Akku-Bohrschrauber im Wert von etwa 300 DM weggenommen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG ihre Klage in dem noch mit der Berufung verfolgten Umfang abgewiesen.
1. Ein Vandalismusschaden, wie ihn die Klägerin als Versicherungsleistung geltend macht, ist als solcher nicht versichert. Dahinstehen kann, ob dieses Risiko durch die im Versicherungsantragsformular angebotene Klausel 412 gedeckt wäre. Denn der Geschäftsführer der Klägerin hat die Klausel im Versicherungsantrag gestrichen, so dass sie aus der Sicht der Beklagten bei Annahme des Versicherungsantrags dem Versicherungsverhältnis nicht zugrunde gelegt werden sollte.
2. Die Beklagte ist zur Entschädigung des Vandalismusschadens auch nicht gem. § 1 Nr. 1d) der dem Versicherungsverhältnis zugrunde liegenden AERB 87 verpflichtet. Zwar hat sich das hier genannte Risiko, dass durch Vandalismus nach einem Einbruch Sachen zerstört werden, unstreitig verwirklicht. Versichert ist dieses Risiko aber nur, wenn der Vandalismus nach einem Einbruch i.V.m. einem Einbruchdiebstahl steht. Letzteres hat die Klägerin nicht bewiesen.
b) Allerdings setzt die Einstandspflicht des Versicherers für Vandalismusschäden nach § 1 Nr. 1d) AERB 87 nicht voraus, dass der Täter mit Diebstahlsabsicht in das Gebäude eingedrungen ist. Die Klausel, dass Vandalismus nach einem Einbruch nur i.V.m. Einbruchdiebstahl versichert ist, will lediglich reine Vandalismusschäden ohne einen begleitenden Diebstahl ausschließen, trifft aber keine Aussage darüber, in welcher zeitlichen Reihenfolge Vandalismusbeschädigungen und Diebstahl stehen müssen. Darüber hinaus muss unter der Geltung der AERB 87 weder bei einem Einbruchdiebstahl noch bei Vandalismus nach einem Einbruch schon beim Einbrechen eine Diebstahls- bzw. Vandalismusabsicht bestanden haben. Dies folgt daraus, dass die Definition des Einbruchdiebstahls in § 1 Nr. 2 AERB 87 einen primären Diebstahlsvorsatz – anders als § 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB mit den Worten „zur Ausführung der Tat” – nicht voraussetzt (vgl. auch Prölss/Martin/Kollhosser, VVG, 26. Aufl., § 1 AERB 81 Rz. 21; Martin, Sachversicherungsrecht, 3. Aufl., D III 23, S. 516). Entsprechendes gilt für das Risiko Vandalismus nach einem Einbruch; nach § 1 Nr. 6 AERB 87 ist auch hierfür nicht erforderlich, dass der Täter bereits beim Eindringen in den Versicherungsort Vandalismus verüben will. Das versicherte Risiko Vandalismus nach einem Einbruch i.V.m. einem Einbruchdiebstahl ist daher verwirklicht, wenn ein Täter – aus welchen Gründen auch immer – in ein Gebäude eingebrochen ist und danach sowohl Vandalismusbeschädigungen als auch einen Diebstahl unabhängig von der Reihenfolge im Sinne einer zeitlich einheitlichen Tatbegehung verübt.
b) Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass der oder die Täter nach dem Einbrechen in das Gebäude der Klägerin im zeitlichen Zusammenhang mit den von ihnen angerichteten Vandalismusschäden einen Diebstahl begangen haben. Zwar hat die Klägerin nach dem Schadensfall sowohl gegenüber der Polizei als auch gegenüber dem Schadenssachverständigen der Beklagten den Verlust eines Akku-Bohrschraubers angegeben. Der vom LG vernommene Zeuge F., der als Hausmeister bei der Klägerin tätig ist, hat dazu ausgesagt, er habe am Vormittag nach dem nächtlichen Schadensfall mit dem Bohrschrauber arbeiten wollen; er sei aber nicht an seinem Platz gewesen, und er habe ihn auch nicht an einem anderen Ort in dem Gebäude gefunden. Ebenso wie der Zeuge F. hat auch die Zeugin L. bekundet, dass an diesem Tag nach der Tat in den Räumen der Klägerin sehr viele Leute herumgelaufen seien; es sei – so die Zeugin L. – ein „Chaos ohne Ende” gewesen. Hiernach lässt sich nicht feststellen, dass der Akku-Bohrschrauber von dem oder den Tätern, die in das Gebäude ein...