Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Versicherungsvermittlers: Beantwortung von Gesundheitsfragen und Fehlen einer Beratungsdokumentation
Leitsatz (amtlich)
Die Bearbeitung von ausdrücklich im Antrag festgehaltenen Antragsfragen ist keine "Information" im Sinne von § 62 Abs. 1 Alt. 2 VVG. Sie bedarf keiner (gesonderten) Dokumentation. Die Beweislast für Fehler des Vermittlers liegt beim Versicherungsnehmer. Der Umstand, dass im Übrigen eine Beratungsdokumentation fehlt, hilft dem Versicherungsnehmer daher hier nicht.
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 3 O 215/18) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Berufungsangriffe des Klägers, wie sie sich aus der Berufungsbegründung vom 04.12.2018 (GA 152 ff.) ergeben, greifen nicht durch.
Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch zu. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus § 63 S. 1 VVG, der für die Haftung des Versicherungsvermittlers eine spezialgesetzliche Ausformung der Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB darstellt (vgl. Senat, Urteil vom 21.05.2015 - 18 U 132/14, VersR 2016, 529, juris Rn. 45).
Der Kläger hat eine Pflichtverletzung des Beklagten bereits nicht hinreichend dargelegt; jedenfalls ist er insoweit beweisfällig geblieben.
1. Soweit der Versicherer die von ihm erklärte Anfechtung darauf gestützt hat, dass in dem Antrag die Erkrankung des Klägers am rechten Auge nicht angegeben worden sei, hat der Kläger bereits erstinstanzlich eine für einen Schadenseintritt kausale Pflichtverletzung des Beklagten selbst nicht geltend gemacht, sondern darauf verwiesen, dass diese Erkrankung aus den dem Versicherer übersandten Unterlagen erkennbar war.
Gibt der Versicherungsnehmer ersichtlich unvollständige Antworten, trifft den Versicherer eine Nachfrageobliegenheit (BGH, Urteil vom 05.03.2008 - IV ZR 119/06, VersR 2008, 668, juris Rn. 10; vgl. auch Prölss/Martin-Armbrüster, VVG, 30. Aufl. 2018, § 19 Rn. 88). In derartigen Fällen ist es dem Versicherer nämlich versagt, die Risikoprüfung hinauszuschieben und erst nach Eintritt des Versicherungsfalls vorzunehmen (Senat, Urteil vom 10.12.2010 - 20 U 21/09, VersR 2011, 994, juris Rn. 38).
Aus der vorliegend dem Versicherer übersandten Anlage N6 (Anlagenband) ergab sich deutlich, dass beim Kläger nicht nur eine Erblindung des linken Auges vorlag, sondern auch eine Aphakie des linken Auges, weshalb der Kläger nur eingeschränkt arbeitsfähig war. Selbst wenn einem Mitarbeiter des Versicherers nicht sogleich präsent sein muss, dass unter einer solchen Aphakie das angeborene Fehlen oder der sekundäre Verlust der Augenlinse zu verstehen ist, war doch die Angabe in dem Beiblatt zum Antrag, wo nur auf die Erblindung des linken Auges eingegangen wurde, ersichtlich unvollständig, so dass der Versicherer jedenfalls hätte nachfragen müssen.
Von dem Vorstehenden geht auch der Kläger in seiner Berufungsbegründung aus und macht eine schadensursächliche Pflichtverletzung des Beklagten insofern nicht geltend.
2. Hinsichtlich der im Beiblatt nicht angegeben Schwerbehinderung des Klägers und des Verlustes der Milz kann dahinstehen, ob eine Pflichtverletzung des Beklagten - wie das Landgericht meint - schon nicht hinreichend dargelegt ist. Jedenfalls hat der Kläger nicht den ihm obliegenden Beweis einer solchen Pflichtverletzung erbracht.
a) Soweit das Landgericht ausführt, der Kläger sei "der an ihn gestellten materiell-rechtlichen Darlegungslast nicht gerecht" geworden (UA S. 6), ist zwar zutreffend, dass der Kläger bei seiner mündlichen Anhörung gemäß § 141 ZPO vor der Kammer erklärt hat, die Schwerbehinderung habe sich "schlicht aus der Augenerkrankung" ergeben, ob darüber gesprochen worden sei, wisse er nicht (GA 97 f.). Ebenso wenig wusste der Kläger genau zu sagen, ob zwischen ihm und dem Beklagten über die Milz gesprochen wurde. Schließlich hat der Kläger auch zu der Frage, ob ihm die Antragsfragen wörtlich vorgelesen wurden, lediglich erklärt, dass er dies "nicht sagen könne".
Davon unabhängig hat der Kläger aber in erster Instanz schriftsätzlich ausdrücklich vorgetragen, er habe den Beklagten über beide Umstände informiert (GA 3, 55). Eine Partei kann ohne Verstoß gegen die in § 138 Abs. 1 ZPO verankerte Wahrheitspflicht auch Umstände behaupten, von denen sie keine sichere Kenntnis (mehr) hat (Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 138 Rn. 2).
b) Letztlich kommt es auf das Vorstehende aber nicht an. Denn der Kläger hat jedenfalls den ihm obliegenden Beweis der von i...