Leitsatz (amtlich)
1. Beantragt der Kläger nach Klagerücknahme, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, weil der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen sei, so ist dem Beklagten vor einem entsprechenden Beschluss rechtliches Gehör zu gewähren. Daraufhin erfolgender Tatsachenvortrag kann auch eine Beweiserhebung erforderlich machen.
2. Im Beschwerdeverfahren über eine nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO getroffene Kostenentscheidung ist neues Vorbringen grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen.
Normenkette
ZPO § 269 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Beschluss vom 27.03.2007; Aktenzeichen 9 O 32/07) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Beschwerdewert beträgt bis zu 2.000 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Der Beklagte war früher geschäftsführender Gesellschafter der Klägerin. Nach Veräußerung seiner Gesellschaftsanteile an den jetzigen Geschäftsführer behielt er u.a. drei Firmenfahrzeuge der Klägerin in Besitz.
Mit der am 25.1.2007 bei Gericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Herausgabe dieser Fahrzeuge begehrt. Noch vor der am 16.2.2007 erfolgten Klagezustellung hat der Beklagte am 2.2.2007 erklärt, die Fahrzeuge herauszugeben und die Herausgabe zwischen dem 2.2. und 13.2.2007 vorgenommen.
Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 2.3.2007 die Klage zurückgenommen und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Das LG hat dem Beklagten Gelegenheit gegeben, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen. Der Beklagte hat daraufhin ausgeführt, die Klägerin habe die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie sich durch Klagerücknahme freiwillig in die Rolle des Unterliegenden begeben habe. Außerdem sei die Klage ohnehin als unbegründet abzuweisen gewesen; anders sei die Klagerücknahme nicht zu erklären. Eine Stellungnahme zum Inhalt der Klageschrift sowie des Schriftsatzes vom 2.3.2007 ist nicht erfolgt.
Das LG hat dem Beklagten mit dem angefochtenen Beschluss gem. § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, weil er insgesamt Anlass zur Klage gegeben habe.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, der im Beschwerdeverfahren unter Beweisantritt vorträgt, dass ein Herausgabeanspruch nicht bestanden habe, weil die Klägerin ihm die fraglichen Fahrzeuge verkauft habe. Er habe sie nur deshalb herausgegeben, weil die Klägerin die Kaufpreiszahlungen zurückgewiesen und den Vertragsschluss in Abrede gestellt und er deshalb "die Nase voll" gehabt habe und am 31.1.2007 vom Kaufvertrag zurückgetreten sei. Außerdem hat er sich auf die Vermutung des § 1006 BGB berufen.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
B.I. Die gem. § 269 Abs. 5 ZPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das LG hat dem Beklagten zu Recht gem. § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO die Kosten auferlegt, weil er Veranlassung zur Klage gegeben hat, die erst entfallen ist, als er nach Einreichung der Klage, aber vor deren Zustellung die Fahrzeuge herausgegeben hat. Denn es ist davon auszugehen, dass die Klage anderenfalls Erfolg gehabt hätte, weil die Klägerin unstreitig Eigentümerin der Fahrzeuge war, so dass die Kostentragungspflicht des Beklagten billigem Ermessen entspricht.
Die Vermutung des § 1006 BGB greift nicht zugunsten des Beklagten ein, weil er bei Besitzerwerb Fremdbesitzer (für die Klägerin) war und erst später Eigenbesitz erworben haben will (vgl. BGH NJW 2004, 217). Am Eigentum der Klägerin kann auch der vom Beklagten im Beschwerdeverfahren behauptete Kaufvertrag nichts ändern, weil dieser rein schuldrechtliche Vertrag noch keinen Eigentumsübergang bewirkte, sondern dem Beklagten allenfalls ein Recht zum Besitz i.S.v. § 986 Abs. 1 BGB verschaffen konnte.
Hierauf kommt es jedoch für die Kostenentscheidung nicht an, weil der Beklagte den Kaufvertragsschluss erst im Beschwerdeverfahren geltend gemacht hat. Vor Erlass der angefochtenen Kostenentscheidung hat er hierzu nichts ausgeführt. Im Beschwerdeverfahren über eine nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO getroffene Kostenentscheidung ist neues Vorbringen jedoch abweichend von der Regel des § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO grundsätzlich nicht mehr zu berücksichtigen. Dies folgt daraus, dass die Kostenentscheidung "unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen" zu treffen ist.
Dies ist anerkannt für die nach beiderseitiger Erledigungserklärung zu treffende Kostenentscheidung gem. § 91a Abs. 1 ZPO (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 26.7.1999 - 19 W 70/99 - = OLGReport Hamm 1999, 316; Zöller/Vollkommer, § 91a ZPO, Rz. 27). Es muss aber entsprechend auch für die nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zu treffende Kostenentscheidung gelten. Dafür spricht nicht nur der insoweit gleichlautende Wortlaut, sondern auch der Umstand, dass die Regelung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO durch das ZPO-RG vom 27.7.2001 gerade eingefügt worden ist, um die Fälle der sog. Erledigung zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit der Klage...