Entscheidungsstichwort (Thema)
Direktversicherung: Zu Beratungspflichten eines Versicherungsvermittlers wegen der Beitragspflicht zur GKV
Leitsatz (amtlich)
Bei Abschluss einer Direktversicherung im Rahmen einer betrieblichen Alterssicherung vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 bestand keine Beratungspflicht des Vermittlers im Hinblick auf die Beitragspflicht der in Form einer Kapitalleistung versprochenen Versicherungsleistung in der gesetzlichen Krankenversicherung aus § 229 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 5 SGB V, wenn diese Beitragspflicht (Änderung von § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V) erst Jahre später in Kraft trat und bei Beantragung des Versicherungsschutzes noch nicht absehbar war.
Tenor
Die Berufung ist nach dem Beschluss zurückgenommen worden.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung des Berufungsgerichts.
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadenersatz wegen Beratungspflichtverletzung bei der Vermittlung einer Direktversicherung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung in Anspruch, die ihr Ehemann als Arbeitgeber für sie als versicherte Person in den Jahren 1989/1995 abgeschlossen hatte. Tatsächlich war die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr bei ihrem Ehemann beschäftigt, wobei die Parteien darüber streiten, ob dem Beklagten dies bekannt war.
Der Klägerin wurde mit Eintritt des Versicherungsfalls die vertraglich zugesagte Kapitalleistung i.H.v. 95.795,02 EUR ausgezahlt. Im Hinblick darauf setzte die DAK als gesetzliche Krankenkasse der Klägerin gem. §§ 240, 237 Nr. 2, 229 Abs. 1 Ziff. 5 SGB V monatliche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung fest, die die Klägerin - für den Zeitraum Januar 2010 bis einschließlich Juli 2014 -als Schaden geltend macht, nachdem sie ihre gegen den Beitragsbescheid zunächst erhobene Klage zurückgenommen hat. Sie behauptet, sie hätte nie einer betrieblichen Altersversorgung zugestimmt, wenn sie von der Beitragspflicht der Kapitalleistung gewusst hätte.
Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.667,74 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das LG hat die Klage nach zeugenschaftlicher Vernehmung des Ehemanns der Klägerin abgewiesen, weil nicht bewiesen sei, dass der Beklagte von der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bei dem Ehemann wusste. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie daran festhält, dass der Beklagte von der Beendigung ihrer Anstellung beim Ehemann wusste und die betriebliche Direktversicherung nicht hätte empfehlen dürfen.
II. Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Klägerin der geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht zusteht.
Der Beklagte hat ihr gegenüber keine Beratungs- und Aufklärungspflichten verletzt.
1. Die erstmalige Empfehlung zum Abschluss einer Direktversicherung im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung stellte keine den Beklagten zum Schadenersatz verpflichtende Beratungspflichtverletzung dar.
Unabhängig davon, ob bei Abschluss des am 21.11.1989 beantragten Vertrages die Voraussetzungen einer Eigenhaftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (c. i. c.) gegenüber der Klägerin als versicherte Person für den seinerzeit noch als Versicherungsvertreter der Victoria-Versicherung handelnden Beklagten überhaupt vorlagen (dazu etwa Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. 2003, § 43 Rz. 55), scheitert die Annahme einer Pflichtverletzung schon daran, dass nicht dargetan ist, inwieweit der Abschluss der ersten Direkt-Lebensversicherung für die Klägerin seinerzeit ihren Interessen nicht entsprach. Die Klägerin macht insofern geltend, sie hätte sich gegen den Abschluss der Direktversicherung entschieden, wenn ihr bewusst gewesen sei, dass die damit versprochene Kapitalleistung der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterfallen würde. Diese Rechtsfolge war indes bei Vermittlung des Vertrages durch den Beklagten noch nicht absehbar, so dass ihn insofern auch keine Beratungspflichten treffen konnten. Vielmehr unterfallen die vor Eintritt des Versicherungsfalls in der betrieblichen Altersversorgung zugesagten Kapitalleistungen erst seit dem 1.1.2004 der Beitragspflicht gem. § 229 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 5 SGB V, weil erst mit Gesetz vom 14.11.2003 der entsprechende Passus in § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V eingefügt wurde. Vor Geltun...