Entscheidungsstichwort (Thema)
Lebensversicherung und Allgemeines Versicherungsvertragsrecht: Widerspruch, Beweis der Übergabe von Unterlagen durch den Versicherer
Leitsatz (amtlich)
Für den vom Versicherer zu führenden Beweis der Übergabe der erforderlichen Informationen (§ 5a VVG a.F.) kann einem vom VN unterschriebenen, gesonderten Empfangskenntnis entscheidende, indizielle Bedeutung zukommen (so auch hier).
Wenn der VN im Rechtsstreit zu dieser Frage der Übergabe persönlich angehört worden ist, bedarf es grundsätzlich nicht der Parteivernehmung (so auch hier).
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 115 O 30/18) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
Das Landgericht hat der Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe der Kläger aus der Berufungsbegründung vom 18.09.2019 (Bl. 81 ff. der elektronischen Gerichtsakte II. Instanz, im Folgenden: eGA-II) greifen nicht durch.
1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien nebst gezogener Nutzungen zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. in Verbindung mit §§ 812 ff. BGB, noch aus § 8 Abs. 5 VVG a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB zu.
a) Dem Kläger stand das im Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 20.06.2017 (Bl. 48 der elektronischen Gerichtsakte I. Instanz, im Folgenden: eGA-I) geltend gemachte Widerspruchsrecht nicht zu.
Ein solches besteht gemäß § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. nur, wenn der Vertragsschluss im Policenmodell erfolgte, wenn also der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergibt oder die erforderliche Verbraucherinformation unterlässt.
Vorliegend bestehen für den Senat keine Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an der Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger die genannten Unterlagen bei Antragstellung erhalten hat. Auch der Senat ist hiervon bei einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände überzeugt.
aa) Zwar trifft es zu, dass sowohl die Zeugin S als auch der Zeuge C zu der Frage, ob dem Kläger die Unterlagen seinerzeit übergeben wurden, unergiebig waren. Die Zeugin S hat bekundet, zu der Antragsaufnahme überhaupt nichts sagen zu können, weil sie nicht zugegen gewesen wie (eGA-I 353). Der Zeuge C hat erklärt, nicht mehr sagen zu können, ob er die fraglichen Unterlagen seinerzeit übergeben hat (eGA-I 354), was angesichts des zeitlichen Abstands auch kaum verwunderlich ist.
bb) Dennoch ist der Senat - ebenso wie das Landgericht - aufgrund der sonstigen Umstände davon überzeugt, dass der Kläger die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation erhalten hat.
Der Kläger hat unstreitig den Erhalt der Verbraucherinformation und der Policenbedingungen im Antragsformular durch eine eigene Unterschrift bestätigt (eGA-I 121). Ein solches gesondert unterschriebenes Empfangsbekenntnis, das gemäß § 309 Nr. 12 lit. b) BGB auch in AVB zulässig ist, begründet ein beweiskräftiges Indiz für den Empfang der Unterlagen (BGH, Urteil vom 28.09.1987 - II ZR 35/87, NJW-RR 1988, 881; Senat, Beschluss vom 24.10.2014 - 20 U 73/14, juris Rn. 8). Zu Recht hat das Landgericht es als ein weiteres Indiz für den Erhalt der Unterlagen angesehen, dass der Kläger in seinem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 18.01.2007 (eGA-I 198) unter ausdrücklichem Bezug auf Nr. 3.14 der AVB eine Beitragssenkung beantragt hat, ohne dass er im vorliegenden Verfahren zu erklären vermochte, wie er überhaupt Kenntnis davon erhalten haben will, in welcher genauen Nummer der AVB eine Regelung zu den Beitragssenkungen enthalten war. Bei einer Gesamtwürdigung sieht auch der Senat diese Indizien - ebenso wie das Landgericht - als so gewichtig an, dass vernünftige Zweifel an einem Erhalt der Unterlagen nicht bestehen.
cc) Entgegen dem Vorbringen in der Berufungsbegründung war das Landgericht nicht gehalten, den Kläger als Partei zu vernehmen.
Eine Parteivernehmung des Klägers gemäß § 447 ZPO schied aus, weil die Beklagte dazu nicht ausdrücklich ihr Einverständnis erklärt hat (vgl. zum Erfordernis einer solchen ausdrücklichen Erklärung Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 447 Rn. 2). Aber auch eine Parteivernehmung von Amts wegen gemäß § 448 ZPO musste nicht erfolgen, weil dies einen Anbeweis der behaupteten Tatsache erfordert hätte (BGH, Urteil vom 16.07.1998 - I ZR 32/96, VersR 1999, 994, juris Rn. 20), an dem es hier aber fehlte. Das Landgericht hat den Kläger intensiv gemäß § 141 ZPO persönlich angehört und zutreffend berücksichtigt, dass diese Anhörung als In...