Leitsatz (amtlich)
1.
Zur Zulässigkeit der Aufklärungsrüge.
2.
Ist im Fall der Täteridentifizierung anhand eines vom Verkehrsverstoß gefertigten Lichtbildes eine prozessordnungsgemäße Verweisung auf das Beweisfoto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO nicht erfolgt, sind die an sich erforderlichen Ausführungen zur Bildqualität nicht erforderlich, wenn der Tatrichter in den Urteilsgründen einen ins Einzelne gehenden Vergleich mehrerer charakteristischer Merkmale vorgenommen hat, die zwingend den Rückschluss zulassen, dass das Beweisfoto zur Identifizierung geeignet war.
Verfahrensgang
AG Castrop-Rauxel (Entscheidung vom 04.10.2005) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Straßenverkehr ein Bußgeld in Höhe von 125,- EUR sowie ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 23. April 2005 gegen 9.33 Uhr in Castrop-Rauxel die BAB A 42 in Fahrtrichtung Dortmund. In Höhe Kilometer 57,4 ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit in diesem Autobahnbereich auf 80 km/h beschränkt. Eine mit der Messanlage MU VR 6 F Multaguard durchgeführte Messung ergab, dass der Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit nach Abzug der Toleranz um insgesamt 43 km/h überschritten hatte.
Die Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des gemessenen Fahrzeugs hat der Amtsrichter wie folgt begründet:
"Der Betroffene hat auch anlässlich des Termins mitgeteilt, nicht der Fahrer des PKW gewesen zu sein.
Diese Einlassung ist nach Überzeugung des Gerichtes widerlegt. Die Überzeugung gründet sich auf den Ausführungen des Sachverständigen Dr. S., der anlässlich des Termins vom 04.10.2005 ein Gutachten erstattet hat. Nach diesem Gutachten konnte er zwischen der abgebildeten Person und dem Betroffenen 16 Vergleichsmerkmale erkennen. Sämtliche stimmten überein. So hat er ausgeführt, dass Übereinstimmung besteht u.a. im flachbogigen Verlauf auf der Augenbraue. Diese weise eine übereinstimmende dunkle und starke Betonung auf. Übereinstimmung habe er auch erkennen können im Bereich der Lidspalten und im Nasenwurzelbereich. Die Nasenkuppenform sei geradlinig und länglich. Sowohl die abgebildete Person als auch die Person des Betroffenen würden eine niedrige Hautlippenzone aufweisen. Identisch seien auch die Kinn-Lippenfurche. Die Mundspalte weise eine starke Verwölbung auf und sei betont. Die Gesichtsform sei bei den Personen trapez- bzw. schildförmig, die Wangenbeine weich betont. Auch im Ohrbereich habe er zwei Merkmale im unteren Abschnitt übereinstimmend feststellen können. Bei einer derartigen Häufigkeit übereinstimmender Merkmale gehe er davon aus, dass der Betroffene den Wagen gefahren habe.
Diesen in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen ist das Gericht gefolgt. Einer derartig hohen Übereinstimmung von Merkmalsprägungen der abgebildeten Person mit dem Betroffenen ist das Gericht der Überzeugung, dass dieser tatsächlich auch der Fahrer war. Das wurde ihm anlässlich des Termins vom 04.10.2005 auch mitgeteilt, was dessen Reaktion hervorrief, er wisse schon, wie sich das Ergebnis des Verfahrens darstelle."
Das Amtsgericht hat den Betroffenen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG für schuldig befunden.
Zur Begründung des Rechtsfolgenausspruches heißt es in den Urteilsgründen, die zu verhängende Geldbuße sei im Hinblick auf eine Voreintragung angemessen auf 125,- EUR zu erhöhen. Angesichts einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 43 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften, sei ebenfalls ein Fahrverbot zu verhängen gewesen. Davon abzusehen, hätten sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen. Er hat zunächst die Verletzung der Aufklärungspflicht gerügt. Insoweit hat er ausgeführt, das Gericht hätte über die Identität des eigentlichen Fahrers eine weitere Sachverhaltsaufklärung betreiben müssen. Die Tatsache, dass sich der Betroffene zu der Person des tatsächlichen Fahrers nicht geäußert habe, hätte nicht zu seinen Lasten verwertet werden dürfen. Im Weiteren macht der Betroffene nun Angaben zu der Person des tatsächlichen Fahrers und benennt Zeugen, die bestätigen sollen, dass er zur Tatzeit sich im Hause der Familie aufgehalten habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 29. November 2005 beantragt, die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen. Die Aufklärungsrüge sei nicht in der gebotenen Form erhoben worden, da der Betroffene nicht mitgeteilt habe, welches Ergebnis von der unterbliebenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre. Zwar enthalte das Urteil einen sachlich-rechtlichen Fehler, da es nicht den Anforderungen entspreche, die nach der obergerichtlichen Rechtsprechung an die Darstellung der Identifizierung des Betroffenen anhand eines bei einer Verkehrsüber...