Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung des Revisionsziels. Revisionsbegründung. Ermächtigung. (Teil-)Rücknahme
Leitsatz (amtlich)
1. Durch die Beschränkung des Angriffsziels in der Revisionsgründung wird lediglich das Ziel einer (ursprünglich unbeschränkt eingelegten) Revision konkretisiert, so dass es - mangels Teilrücknahme - der ausdrücklichen Ermächtigung i. S. v. § 302 Abs. 2 StPO nicht bedurfte.
2. Bei der konkreten Strafzumessung darf nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Gesamtmenge des besessenen Cannabis (und dementsprechend auch nicht die Gesamtwirkstoffmenge) ohne Abzug der zum Eigenkonsum erlaubten Menge nicht zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt werden.
3. Es bestehen Bedenken gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bzgl. des Abzugs der erlaubterweise besitzbaren Cannabismenge von der Gesamtmenge bei der Beurteilung, ob ein besonders schwerer Fall i. S. v. § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG vorliegt, weil sie sich nicht verwerfungsfrei in die weitere Rechtsprechung zum Grenzwert für die nicht geringe Menge von Cannabis und zur Einziehung von Cannabis einreiht.
Normenkette
StGB § 46; StPO § 302 Abs. 2, § 344; KCanG § 34 Abs. 3 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 06 NBs 23/24) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Strafausspruch mit den diesem zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hatte den Angeklagten am 16.02.2024 wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt und "sichergestelltes Betäubungsmittel" eingezogen.
Auf die gegen dieses Urteils vom Angeklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht Bielefeld mit dem angefochtenen Urteil den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Cannabis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, die Vollstreckung derselben zur Bewährung ausgesetzt und "die sichergestellten Cannabisblüten" eingezogen. Die weitergehende Berufung hat es verworfen.
Nach den Feststellungen des Landgerichts verwahrte der - die Tat bestreitende - Angeklagte am 18.04.2023 in seinem abgeschlossenen Zimmer in der kommunalen Asylbewerberunterkunft O.-straße ## in W. in einem Spind 71,78 gr getrocknete Cannabisblüten mit einem Wirkstoffgehalt von 20,2% (14,5 gr) THC in einer Plastiktüte auf. Er hielt sich zu diesem Zeitpunkt vorübergehend nicht an dem besagten Ort auf. Das Cannabis wurde im Rahmen einer aus anderem Anlass durchgeführten Durchsuchung aufgefunden.
Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er eine Verletzung materiellen Rechts rügt, wobei er lediglich Rechtsfehler in der Strafzumessung geltend macht. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
II.
Die zulässige Revision des Angeklagten hat - soweit das Berufungsurteil angefochten wird (s.u.) - Erfolg und führt auf die Sachrüge hin zur Aufhebung des angefochtenen Urteils im Strafausspruch mit den insoweit zu Grunde liegenden Feststellungen und zur Zurückverweisung der Sache im Umfang der Aufhebung an eine andere kleine Strafkammer des Landgericht Bielefeld (§§ 349 Abs. 4, 353, 354 Abs. 2 StPO).
1.
Der Angeklagte hat seine Revision zulässigerweise auf den Strafausspruch beschränkt. Dies ergibt sich aus der Formulierung in dem Revisionsbegründungsschriftsatz vom 04.07.2024, dass das Landgericht die "mit der Revision nicht mehr anzugreifende Tatsachenfeststellung getroffen" habe, "dass das aufgefundene Cannabis dem Angeklagten zuzuordnen" sei, sowie daraus, dass in der Revisionsbegründung "unter Anwendung des Strafrahmens von bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe die Verjährung [Anm. des Senats: gemeint sein dürfte: "Verhängung"] letzterer, was unter - erneuter - Abänderung des erst- und zweitinstanzlichen Urteils beantragt wird. Die Ausführungen in der Revisionsbegründung (im Übrigen auch die im Schriftsatz vom 24.07.2024, mit dem die Revisionsbegründung "ergänzt" wird) lassen weder einen Angriff gegen den Schuldspruch noch gegen die Einziehungsentscheidung erkennen. Durch die Beschränkung des Angriffsziels in der Revisionsgründung wurde lediglich das Ziel der (ursprünglich unbeschränkt eingelegten) Revision konkretisiert (vgl. Wiedner in: Graf, StPO, 4. Aufl., § 344 Rdn. 8 m.w.N.), so dass es - mangels Teilrücknahme - der ausdrücklichen Ermächtigung i.S.v. § 302 Abs. 2 StPO nicht bedurfte.
Damit sind der Schuldspruch und die Einziehungsentscheidung vom Revisionsangriff ausgenommen.
2.
Die Strafzumessung des angefochtenen Urteils weist einen durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf.
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Ta...