Leitsatz (amtlich)
Die in einem Verfahren über die elterliche Sorge gem. § 1671 BGB zunächst bewilligte Verfahrenskostenhilfe kann entzogen werden, wenn der Antragsteller die für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat.
Normenkette
FamFG § 76; ZPO § 124 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Schwelm (Aktenzeichen 36 F 323/14) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Beschwerdegebühr. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
II. Der Antrag der Kindesmutter, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen wird zurückgewiesen, da für ein Verfahrenskostenhilfeverfahren, auch nicht für das Beschwerdeverfahren, keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden darf (Zöller-Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 114 Rn. 3).
Gründe
I. Der Antragsteller beantragte Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge der Kinder B (geb. xx. xx.2004) und N (geb. xx. xx.2009) auf sich. Vorangegangen waren zwischen 2010 und 2014 zehn gerichtliche Verfahren unter Einschaltung des Jugendamts.
Nach der Trennung der Kindeseltern im Jahr 2010 und nachfolgender Scheidung verblieben die beiden Kinder bei der Kindesmutter. Im Verfahren 36 F 250/12 AG Schwelm verpflichtete sich der Antragsteller, die Kindesmutter in weiten Bereichen das Sorgerecht allein ausüben zu lassen. Die Kindesmutter verpflichtete sich zur Information des Kindesvaters.
Die Antragsschrift stützte der Antragsteller u.a. darauf, dass N einem guten Bekannten (Herrn M) von ihm mitgeteilt habe, er wolle unbedingt "bei Papa wohnen" und "wolle immer bei Papa bleiben". Der neue Lebensgefährte der Kindesmutter sei "doof, weil der mich immer ärgert und mich manchmal schlägt und in die Mülltonne steckt". Ferner habe N Herrn M berichtet, dass seine Cousinen stets im Kinderzimmer etwas kaputt machen würden. Wenn er - N - sich in die Hose oder ins Bett gemacht habe, müsse er nicht duschen. B habe sowohl dem Antragsteller als auch ihrer Großmutter über Ängste, Einschüchterungen und Drohungen der Kindesmutter berichtet. Beide Kinder wiesen Verhaltensstörungen auf. Bei N äußere sich dies dadurch, dass er mit fast fünf Jahren nachts immer noch einnässe. Die Kindesmutter erteile entgegen der im Vergleich übernommenen Verpflichtung keine Informationen über die Kinder. Sein Verhältnis zu B habe sich äußerst positiv entwickelt. Beide Kinder wollten bei ihm wohnen.
Mit Beschluss vom 26.09.2014 bestellte das Familiengericht einen Verfahrensbeistand.
Das Jugendamt berichtete unter dem 13.10.2014. B sei immer wieder unsicher, ob sie ihren Vater regelmäßig sehen möchte. Dem Jugendamt sei nichts bekannt, was einen Wechsel der Kinder in den Haushalt des Kindesvaters notwendig erscheinen lasse.
Die Kindesmutter ist dem Antrag entgegen getreten. Sie hat Bedenken gegen die Erziehungsfähigkeit des Antragstellers geäußert. Dieser versuche ständig, die Kinder zu beeinflussen. Hintergrund sei (auch), dass das Haus des Antragstellers für diesen nur zu finanzieren sei, wenn beide Kinder bei ihm wohnten. Entgegen der Darstellung des Antragstellers, informiere sie diesen über alles Notwendige.
Im Termin am 22.10.2014 bewilligte das Familiengericht dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe und bestimmte Termin zur Anhörung der Kinder auf den 10.12.2014.
Bei der Anhörung vom 10.12.2014 erklärte N u.a. Folgendes: "... Es ist dann so, Papa hat mir gesagt, was ich bei Herrn M und dessen Frau sagen soll. Das habe ich dann auch so getan." Vorher hatte N erklärt, er wollte bei seiner Mutter wohnen bleiben und er verstehe sich mit dem Lebensgefährten seiner Mutter gut. Auch B hat erklärt, sie wolle bei ihrer Mutter wohnen bleiben.
In der Hauptsache hat das Familiengericht die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen. Dem Wohl der Kinder entspreche es nicht am Besten, wenn der Antragsteller das alleinige Sorgerecht erhalte. Der Antragsteller habe seinen Sohn N manipuliert, um einen gutgläubigen Zeugen zu generieren.
Mit weiterem Beschluss hat das Familiengericht die dem Antragsteller bewilligte Verfahrenskostenhilfe aufgehoben. Der Antragsteller habe durch die unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht. Hierbei hat es auf die Ausführungen in der Hauptsache Bezug genommen.
Gegen die Verfahrenskostenhilfeaufhebung wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde. Die Anhörung des fünfjährigen N trage die Auffassung des Familiengerichts, der Antragsteller habe das Streitverhältnis unrichtig vorgetragen, nicht.
II. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Familiengericht hat zutreffend die bewilligte Verfahrenskostenhilfe gem. § 76 Abs. 1 FamFG i. V. mit § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgehoben. Der Antragsteller hat durch die unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht.