Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 19.10.1993; Aktenzeichen 23 O 70/93) |
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, soweit er vom Beklagten, der für die Folgen des vom Kläger am 27. Januar 1991 erlittenen Verkehrsunfalls unstreitig einzustehen hat, ein höheres Schmerzensgeld als die vorprozessual geleisteten 35.000 DM verlangt. Erfolg hat die Berufung insoweit, als auf die im zweiten Rechtszug vorgenommene Klageerweiterung hin festzustellen ist, dass der Beklagte dem Kläger allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen hat, der diesem aus dem genannten Unfallereignis entstanden ist oder entstehen wird.
I.
Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass die 35.000 DM, welche der, Beklagte dem Kläger vorprozessual gezahlt hat, ein angemessenes Schmerzensgeld darstellen (§ 847 BGB).
Die Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes ist gemäß § 287 Abs. 1 ZPO nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Bemessungsgrundlagen sind bei Ansprüchen aufgrund von Verkehrsunfällen - wie hier insbesondere Ausmaß und Schwere der erlittenen Verletzungen, die Größe, Dauer und Heftigkeit der dadurch verursachten Schmerzen, der Heilverlauf, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und das Maß der Lebensbeeinträchtigung des Geschädigten, - Der jetzt 18jährige Kläger hat Kopf-, Brust-, Wirbelsäulen- und Hand-Verletzungen erlitten, und zwar ein Schädel-Hirn-Trauma zweiten Grades mit Gehirnerschütterung, Weichteilverletzungen am Kopf, eine Brustkorbverletzung mit Pneumothorax (Ansammlung von Luft) im Brustfellraum und Kompressions-Brüche des 4. und 5. Brustwirbels mit Rückenmark-Beeinträchtigung sowie einen Bruch des rechten Handgelenks. Er ist nach dem Unfall zunächst ins Krankenhaus ... gebracht und sodann noch am Unfalltage (27. Januar 1991) in die Unfallchirurgische Klinik der Medizinischen Hochschule ... geflogen worden, wo er die erste Woche auf der Intensivstation behandelt worden ist und insgesamt bis zum 26. März 1991, also zwei Monate, in stationärer Behandlung verbleiben musste. Es bestand der Verdacht einer Querschnitts-Lähmung, der erst nach etwa zwei Wochen ausgeräumt werden konnte. Die Wirbelbrüche sind mit einer Knochenspan-Anlagerung stabilisiert worden. Dazu musste der Brustkorb bis zur rechten Achselhöhle eröffnet werden. Die Knochenspäne sind aus dem Darmbein entnommen worden. Der Pneumothorax ist mit einer Absaug-Drainage behandelt worden, der Handgelenksbruch konservativ. Nach der Krankenhausentlassung verblieb der Kläger ca. ein Jahr in krankengymnastischer Behandlung. Bis heute unternimmt er täglich krankengymnastische Übungen. Am Schulunterricht konnte er ab August 1991 wieder teilnehmen. - Aufgrund des vom Senat eingeholten chirurgischen Gutachtens des Sachverständigen ... und des vom Landgericht eingeholten neurologischen Gutachtens des Sachverständigen ..., der dieses Gutachten im Senatstermin mündlich erläutert hat, stehen folgende Unfallfolgen fest: - Das Schädel-Hirn-Trauma ist folgenlos verheilt. Die Weichteilverletzungen am Kopf haben reizlose Narben hinterlassen. Der Pneumothorax führt nicht mehr zu wesentlichen Atembeschwerden. Die Wirbelbrüche sind in guter Stellung knöchern stabil durchbaut. Die Wirbelsäule verursacht noch belastungsabhängige Beschwerden beim Heben, Tragen und längerem Bücken. Die Narben nach der Brustkorberöffnung und der Spanentnahme sind reizlos verheilt. Die große Operationsnarbe der Brust zieht sich bis zur rechten Achselhöhle hin. Sowohl der chirurgische Sachverständige ... als auch der neurologische Sachverständige ... haben bestätigt, dass die Narben sowohl der Brust als auch der Spanentnahme dem Kläger noch Beschwerden bereiten, die als Verwachsungsbeschwerden zu bezeichnen sind. Der Sachverständige ... hat ein Taubheitsgefühl am Beckenkamm und eine Temperaturempfindungsunsicherheit am rechten Bein, eine taube Zone im Bereich der Wurzeln D 4 und D 5 festgestellt sowie eine Minderbelastbarkeit des rechten Beines beim Leistungssport. Sonstigen Sport kann der Kläger aus neurologischer Sicht treiben. Der Bruch des rechten Handgelenks hat nach dem Gutachten des chirurgischen Sachverständigen nicht zu einer wesentlichen Funktionsstörung geführt. Die MdE geben die Sachverständigen mit insgesamt 25 % an. - Die vom Kläger mit der Berufungsbegründung betonten psychischen Unfallfolgen haben sich dagegen nicht bestätigt, wie im Senatstermin sowohl die Anhörung des Klägers selbst als auch des Sachverständigen ... ergeben hat. Der Kläger träumt nicht mehr von dem Unfall. Er hat frühestmöglich den Führerschein erworben und fährt einen eigenen Wagen. Zu verkennen ist aber nicht, dass der Kläger nach dem Unfall zunächst etwa zwei Wochen lang in der Furcht und möglicherweise sogar in der Vorstellung leben musste, er sei querschnittgelähmt.
Die dargestellten schweren Unfallverletzungen, die schwere Operation, die bedrückende Situation in der ersten Zeit nach dem Unfall un...