Leitsatz (amtlich)
1. Dem alleinvertretungsberechtigten Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als VN einer BUZ kann auch dann die Möglichkeit einer zumutbaren Betriebsumorganisation, durch die ihm einseinem gesundheitlichen Restleistungsvermögen entsprechendes Tätigkeitsfeld mit überhälftigem Arbeitszeitanteil eröffnet wird, entgegengehalten werden, wenn er faktisch wie ein Betriebsinhaber tätig ist und die Umorganisation deshalb ohne weiteres realisieren kann.
2. Zur Sperrwirkung des § 12 Abs. 3 VVG bei nach dem behaupteten Eintritt von Berufsunfähigkeit eingetretenen betrieblichen Veränderungen, die letztlich zur erzwungenen Aufgabe der Geschäftsführerstellung des VN führen.
Normenkette
BB-BUZ § 2 Abs. 1 und 3; VVG § 12 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Münster (Aktenzeichen 15 O 198/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 30.8.2001 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden. Beide Parteien können die Sicherheit durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes abwenden.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) – vereinbart sind die Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Bl. 147 f.) – auf Rentenzahlung ab 1.7.2000 in Anspruch.
Der Kläger ist gelernter Gärtner und seit 1987 auch Gärtnermeister. Aufgrund dauerhafter Rückenbeschwerden, die auf mehreren Bandscheibenvorfällen und einem erheblichen Verschleiß der Wirbelbogengelenke beruhten, stellte er sowohl bei der Beklagten (22.7.1997) als auch bei der BfA (21.8.1997) Berufsunfähigkeits-Leistungsanträge.
Zu diesen Zeitpunkten war der Kläger Gesellschafter der beiden Firmen H. (im Folgenden: …) und H. (im Folgenden: …). Diese beiden Gesellschaften sowie die Firma G.G.H. arbeiteten aufgrund eines 1995 geschlossenen Kooperationsvertrags (Bl. 193 ff. d.A.) als „H.” bei der Produktion und dem Vertrieb von Hydrokulturpflanzen nebst Zubehör an Großhandelskunden in ganz Deutschland und den angrenzenden Ländern zusammen.
Die M. war einer der beiden produzierenden Betriebe (Anzucht der Pflanzen und Produktentwicklung). Gesellschafter waren der Kläger und sein Bruder zu je 50 % (vgl. Gesellschaftsvertrag vom 30.6.1995 – Bl. 155 ff. d.A.). Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer und Betriebsleiter war der Kläger. Die Firma hatte zwei Betriebsstätten und beschäftigte seinerzeit ca. 60 Mitarbeiter (1 Gartenbaumeister, 1 wissenschaftlicher Mitarbeiter, 5 Vorarbeiter, 1 Gartenbautechniker, 1 kaufmännische Mitarbeiterin sowie i.Ü. angelernte Kräfte und Auszubildende). Die Arbeit war in den verschiedenen Topfhallen auf mehrere Arbeitsgruppen aufgeteilt, die von sog. Vorarbeitern geleitet wurden. Der Kläger hat behauptet, seine Tätigkeit (täglich 8 bis 12 Stunden) habe weit überwiegend in der körperlichen gärtnerischen Mitarbeit bestanden (vgl. Arbeitsbeschreibung – Bl. 237 ff. d.A.).
Nahezu die gesamte kaufmännische und verwaltende Tätigkeit (einschl. Planung, Logistik und Werbung) der H. wurde von der … geleistet, deren Gesellschafter seinerzeit der Kläger sowie seine Geschwister zu je 25 % waren. Alle vier Geschwister waren auch Geschäftsführer. Alleinvertretungsberechtigt war jedoch nur W.G., der die Geschäftsführertätigkeit nahezu allein ausübte und nur bei Ortsabwesenheit vom Kläger, der nur gemeinsam mit einem anderen Gesellschafter vertretungsberechtigt war, vertreten wurde.
Durch Vereinbarung der Gesellschafter der … vom 27.12.1997 (Bl. 178 ff. d.A.) wurden die Gesellschafteranteile wie folgt geändert: Fortan hielten der Kläger und sein Bruder W. je 45 %, ihre Geschwister G. und M. nur noch je 5 %. Darüber hinaus wurden G.G. und M.K. als Geschäftsführer abberufen sowie der Kläger ab 1.1.1998 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt (vgl. auch Geschäftsführervertrag vom 23.12.1997 – Bl. 166 ff. d.A.).
Ebenfalls mit Wirkung zum 1.1.1998 verpachtete die M. ihren Betrieb an die … und übertrug ihr zudem sämtliche Gegenstände ihres Vorratsvermögens zu Eigentum (vgl. Betriebspacht- und Kaufvertrag vom 5.2.1998 – Bl. 170 ff. d.A.).
Durch Bescheid der BfA vom 27.8.1998 (Bl. 11 ff. d.A.) wurde dem Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente rückwirkend ab 1.9.1997 zuerkannt.
Die Beklagte lehnte demgegenüber mit Schreiben vom 28.5.1998 (Bl. 15 f. d.A.) BUZ-Leistungen ab. Sie stellte die krankheitsbedingte Beeinträchtigung des Klägers bei der Ausübung körperlicher Gärtnerarbeiten nicht in Abrede, hielt aber eine Umorganisation der M., durch die der Kläger sich ein seinem gesundheitlichen Restleistungsvermögen entsprechendes vollschichtiges Betätigungsfeld schaffen könne, für möglich und zumutbar: In einem Betrieb mit 60 Mitarbeitern sei es betriebs...