Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der internationen Zuständigkeit deutscher Gerichte bei einer Schadensersatzklage, die sich gegen Rechtsanwälte richtet, die in Zürich ansässig sind.
Normenkette
LugÜ II Art. 15
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Urteil vom 10.03.2016; Aktenzeichen 1 O 196/15) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 10.3.2016 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Arnsberg aufgehoben.
Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die in Zürich ansässigen Beklagten Schadensersatz-ansprüche unter dem Gesichtspunkt der Anwaltshaftung geltend.
Dabei streiten die Parteien im Berufungsverfahren in erster Linie über die Frage, ob für die Regressklage die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit gegeben ist. Das wurde vom LG durch Prozessurteil verneint.
Der Regressklage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger ist Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der L GmbH & Co. KG mit Sitz in X.
Der Kläger wurde im Mai 2001 an seinem Arbeitsplatz von einem Vertriebsmitarbeiter der in Zürich ansässigen N AG aufgesucht, die Finanzdienstleistungen anbot. Der Kläger unterzeichnete einen Anlagenauftrag für ein "Schweizer Vermögensaufbauprogramm", das eine Kapitalanlage in Höhe von 120.000,00 CHF mit einer Laufzeit von bis zu 20 Jahren vorsah.
Dafür nahm der Kläger in der Folgezeit mehrere Geldzahlungen in die Schweiz vor, die sich auf 21.000 DM, 10.000 EUR, 10.000 EUR und 16.000 EUR beliefen.
Der Kläger versprach sich eine sichere und gewinnbringende Verwaltung des Kapitals durch die N AG.
Spätestens im Jahr 2007 entstanden beim Kläger Zweifel an einer ordnungsgemäßen Verwaltung der eingezahlten Beträge. Er kündigte die abgeschlossenen Verträge und bemühte sich in der Folgezeit um die Rückerlangung des eingezahlten Kapitals, blieb damit aber größtenteils erfolglos.
Um wegen der gescheiterten Kapitalanlage Schadensersatzansprüche geltend zu machen, beauftragte der Kläger seine jetzigen Prozessbevollmächtigten. Diese hatten bereits in einer größeren Anzahl von Fällen die Vertretung weiterer Geschädigter der N AG übernommen.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers machten im Jahre 2010 vor dem LG Arnsberg (4 O 227/10) eine Klage gegen die N AG sowie deren Präsidenten des Verwaltungsrates G und deren Verwaltungsrat H anhängig. Diese Klage war auf Ersatz des nicht zurückgezahlten Kapitals von 36.240,28 EUR sowie auf den Ersatz entgangenen Gewinns von 9.370,89 EUR gerichtet.
Spätestens im Sommer 2010 wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannt, dass über das Vermögen der N AG ein sogenanntes Nachlassverfahren nach dem Schweizerischen Bundesgesetz über Schuldbeitreibung und Konkurs (SchKG) anhängig war, das der Schuldensanierung dient. Im Rahmen dieses Nachlass-verfahrens war der N AG durch gerichtlichen Beschluss im Oktober 2010 eine Nachlassstundung gewährt worden, die die Wirkung einer Vollstreckungs- und Verwertungssperre hatte.
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers hatten bereits in der Vergangenheit für die Durchsetzung titulierter Forderungen in der Schweiz mit dem Beklagten zu 1 zusammengearbeitet.
Der Beklagte zu 1 ist zusammen mit der Beklagten zu 2 seit 2002 Inhaber einer wirtschaftsrechtlich ausgerichteten Anwaltskanzlei mit Sitz in Zürich. Später vereinbarten die Beklagten zu 1 und 2, ihre Anwaltstätigkeit in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft fortzuführen und gründeten aus diesem Anlass die Beklagte zu 3.
Im Hinblick auf das gegen die N anhängige Nachlassverfahren wurde zwischen den Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Beklagten zu 1 korrespondiert, ob dessen Anwaltskanzlei nicht auch für die vertretenen Geschädigten der N im Nachlassverfahren tätig werden könne.
Der Beklagte zu 1 setzte daraufhin für eine entsprechende Mandatserteilung am 03.01.2011 ein an "die geschädigten Kunden der N AG" gerichtetes Anschreiben auf, in dem es u.a. hieß:
N im Nachlassverfahren - Sicherstellen der eigenen Forderungen
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir sind eine in Zürich ansässige Anwaltskanzlei, welche mit der Kanzlei I seit Jahren gemeinsam geschädigte Anleger der N AG vertritt.
... Für Sie ist es somit sehr wichtig, dass Ihre Forderung rechtsgenüglich angemeldet und zugelassen wird... Es ist nämlich notwendig, dass die Gläubiger die Forderungen korrekt eingeben und über eine Zustelladresse in der Schweiz verfügen. Ebenfalls wichtig ist die Sicherstellung und Vertretung ihrer Interessen an den Gläubigerversammlungen.
Aus diesen Gründen hat die Kanzlei I uns angefragt, ob wir dies für ihre Mandanten - so wie wir dies bereits für unsere Mandanten tun - machen könnten.
Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass viele von Ihnen keine unnötigen Kosten mehr bezahlen möchten und bieten Ihnen darum eine summarische Prüfung Ihrer Forderung, die Eingabe im Nachlassverfahren sowie die Vertret...