Leitsatz (amtlich)
1. Grundstückseigentümer sind grundsätzlich im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht gehalten, eine Zuwegung zur Haustür rutschhemmend zu gestalten.
2. Randflächen der Zuwegung können im Einzelfall dennoch - auch wenn damit die Rutschhemmung aufgehoben wird - aus optischen Gründen poliert werden, wenn für Dritte anhand der optischen Gestaltung zweifelsfrei erkennbar ist, dass sie nicht als Trittflächen eröffnet sind; es handelt sich dann - wie hier - nicht um eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle.
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 2 O 383/17) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 30.10.2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Essen, Az. 2 O 383/17, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus den Urteilen vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten unter dem Aspekt der Verkehrssicherungspflichtverletzung die Zahlung eines Schmerzensgeldes und die Feststellung der Ersatzpflicht für materielle und zukünftige immaterielle Schäden aus einem behaupteten Sturzgeschehen vom 12.08.2017.
Die Beklagte war am 12.08.2017 Eigentümerin des Hauses M-Weg ... in ... F. Zwischen dem Bürgersteig und dem Hauseingang besteht ein Niveauunterschied. Zu dem Eingang des Hauses und dem rechts von der Haustür angebrachten Briefkasten führt daher eine ca. 2 m breite Zuwegung mit vier Stufen unterschiedlicher Tiefe. Die Stufen sind mit einem angerauten Bodenbelag aus hellem, z.T. rötlich-braun changierendem Granit versehen. Die seitlichen Stufenränder sind als solche durch einen eingelassenen 20 cm breiten, farblich dunkleren rötlichen Granitstreifen gekennzeichnet, dessen Oberfläche poliert ist. Auf der von der Straße aus gesehen linken Seite der Zuwegung befindet sich durchgängig ein bepflanztes Beet. Auf der rechten Seite grenzt eine gepflasterte Fläche an, die ebenfalls zu dem Grundstück der Beklagten gehört. Wegen der baulichen Gestaltung im Einzelnen wird auf die von den Parteien eingereichten Lichtbilder und Ausdrucke von Google Maps (Bl. 15, 30 ff., 99 f. d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat behauptet, er habe am 12.08.2017 die Zeitung "T" ausgetragen und in den Briefkasten der Beklagten eingeworfen und sei danach auf dem Weg zurück zum Bürgersteig gegen 13:30 Uhr auf dem nassen polierten Granitbodenbelag ausgerutscht, obwohl er geeignetes Schuhwerk mit rutschfester Sohle getragen habe. Dabei sei er mit dem linken Obersprunggelenk umgeknickt und habe einen komplizierten Unterschenkelbruch erlitten. Der seitliche Bodenstreifen erfülle nicht die Mindestanforderungen an die Rutschhemmung gemäß den Vorgaben der DIN 51130 und stelle daher - so meint der Kläger - eine unzulässige Gefahrenquelle dar. Das gelte insbesondere deshalb, weil angesichts des im Wesentlichen angerauten Bodenbelags die schon bei geringer Nässe erhöhte Rutschgefahr auf dem seitlichen Streifen überraschend sei. Angesichts seiner Verletzungen sei ein Schmerzensgeld von mindestens 25.000 EUR angemessen.
Die Beklagte hat den Unfall und die Folgen mit Nichtwissen bestritten. Sie ist der Auffassung, dass ihr eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten nicht vorzuwerfen sei, weil Besucher durch die konkrete, übersichtliche Gestaltung der Treppe dazu angehalten würden, die Mitte der Treppe zu benutzen. Die von dem Kläger genannte DIN 51130 sei nur für Arbeitsstätten, nicht aber im Privatbereich anzuwenden. Für den Kläger als Austräger des Anzeigenblattes T sei der Verkehr auf der Zuwegung nicht eröffnet gewesen, weil ein Aufkleber am Briefkasten befestigt worden sei, wonach keine Reklame und Reklamezeitungen eingeworfen werden sollen.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz einschließlich der gestellten Anträge gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht Essen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte keine Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Der aufgeraute Bereich der breiten Zuwegung sei optisch klar von den schmalen Randbereichen abgegrenzt gewesen, so dass für Besucher des Hauses kein Anlass bestanden habe, den eindeutig sicheren Bereich der Zuwegung zu verlassen. Besucher, die dennoch den Randbereich benutzen, müssten sich selbst darum kümmern, etwaigen Gefahren zu begegnen und daher erhöhte Sorgfalt walten lassen. Mithin sei der Kläger für den Vorfall selbst verantwortlich.
Mit der Berufung begehrt der Kläger die Abänderung des angefochtenen Urteils entsprechend der erstinstanzlichen Anträge. Die Argumentation des Landgerichts sei fehlerhaft, weil sie voraussetze, d...