Entscheidungsstichwort (Thema)
Offenbarungspflicht betreffend vorehelich gezeugtes Kind
Normenkette
BGB § 1314 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Urteil vom 12.11.2009; Aktenzeichen 46 F 235/09) |
Tenor
1. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Antragsgegners gegen das Urteil des AG - Familiengericht - Freiburg vom 12.11.2009 gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
3. Der Antragsgegner erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis 1.6.2010. Es wird anheimgestellt, die Berufung zurückzunehmen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Aufhebung ihrer am 20.7.2007 vor dem Standesamt B. K. geschlossenen Ehe. Das AG - Familiengericht - F. hat mit Urteil vom 12.11.2009 die Ehe der Parteien wegen arglistiger Täuschung durch den Antragsgegner gem. § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB aufgehoben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt der Antragsgegner die Aufhebung dieser Entscheidung. Die Antragstellerin verteidigt das amtsgerichtliche Urteil.
Der Antragsgegner hat für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe beantragt.
II. Die Berufung hat nach Auffassung des Senats keine Aussicht auf Erfolg.
Das AG hat zutreffend einen Eheaufhebungsgrund nach § 1314 Abs. 2 Nr. 3 BGB angenommen und dem fristgemäß gestellten Antrag der Antragstellerin auf Aufhebung der Ehe stattgegeben.
Das gegenseitige Vertrauen ist eine wesentliche Grundlage für den Bestand der Ehe. Daran fehlt es von vornherein, wenn ein Ehegatte den anderen Teil durch arglistige Täuschung bewegt, die Ehe mit ihm einzugehen. Der getäuschte Ehegatte soll an einer so zustande gekommenen Ehe nicht festhalten müssen (MünchKomm/Müller-Gindullis, 5. Aufl. 2010, § 1314 Rz. 11).
Nach den umfassenden Feststellungen des AG hat der Antragsgegner der Antragstellerin sein in erster Ehe außerehelich gezeugtes Kind trotz bestehender Offenbarungspflicht verschwiegen. Die Umstände der von ihm behaupteten Aufklärung der Antragstellerin hinsichtlich seines (dritten) Kindes hat er - auch nach richterlichem Hinweises vom 29.3.2010 - nicht dargelegt. Stattdessen trägt er in der Berufungsinstanz vor, es habe keine Offenbarungspflicht für ihn bestanden, insbesondere habe die Antragstellerin nie nach einem weiteren Kind gefragt.
Eine Offenbarungspflicht ergibt sich aus dem Wesen der Ehe hinsichtlich solcher Umstände, die für die eheliche Gemeinschaft und das Familienleben von grundlegender Bedeutung sind. Es kommt darauf an, ob es sich um gegenwärtig aktuelle, weiterwirkende oder in der Vergangenheit liegende abgeschlossene Umstände handelt (Staudinger/Voppel, Neubearbeitung 2007, § 1314 Rz. 24). Nach allgemeiner Auffassung sind voreheliche, minderjährige Kinder ungefragt zu offenbaren (OLG Nürnberg FamRZ 1966, 104 [105]; Münchener Kommentar, a.a.O., Rz. 20; Staudinger, a.a.O., Rz. 27; Johannsen/Henrich, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 1314 Rz. 50). Dies folgt aus dem Bestehen von Unterhaltspflichten für das Kind sowie möglichen Umgangsregelungen. Nach Auffassung des Senats hätte der Antragsgegner die Antragstellerin vor der Ehe über die Existenz seines - außerehelich gezeugten - dritten Kindes aufklären müssen. Nachdem dies trotz bestehender Aufklärungspflicht nicht erfolgt ist, liegt eine Täuschung durch Unterlassen vor.
Arglist kommt - ebenso wie bei § 123 BGB - bereits dann in Betracht, wenn der Täuschende bedingten Vorsatz hat. Dieser ist dann gegeben, wenn der täuschende Ehegatte zumindest mit der Möglichkeit rechnet, dass der andere bei Kenntnis der wahren Sachlage von der Eheschließung Abstand nehmen wird (Staudinger, a.a.O., Rz. 33). Insbesondere in Hinblick auf die außereheliche Zeugung des dritten Kindes während erster Ehe hätte der Antragsgegner damit rechnen müssen, dass dieser Umstand die Antragstellerin von einer Ehe mit ihm abhalten würde. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner seiner früheren Lebensgefährtin C. I. dieses drittes Kind ebenso verschwiegen hat und dies einer der Trennungsgründe war. Insoweit wird auf die umfangreiche Vernehmung der Zeugin I. durch das AG verwiesen (Protokoll vom 12.11.2009, AS I, 92). Der Vortrag des Antragsgegners, die Antragstellerin hätte wissen müssen oder erkennen können, dass er Vater eines weiteren Kindes ist, da dies allen Freunden und Bekannten bekannt sei, entlastet ihn nicht. Dies gilt selbst dann, wenn die Antragstellerin die Täuschung bei entsprechender Sorgfalt hätte erkennen können (Staudinger, a.a.O., Rz. 36).
Das AG war nach der umfassenden persönlichen Anhörung der Antragstellerin (Protokoll vom 1.10.2009, AS I, 47) davon überzeugt, dass die Täuschung des Antragsgegners über sein außerehelich gezeugtes drittes Kind für die Eingehung der Ehe ursächlich war. Dies ist nicht zu beanstanden. Der Zusammenhang zwischen der Täuschung und der Eheschließung besteht sowohl objektiv vom Standpunkt der verständigen Wü...